Refugee-Kurs fürs Studium

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Refugee-Kurs fürs Studium

Von Feras Trayfi

In den letzten Jahren sind viele Geflüchtete aus verschiedenen Ländern und aus unterschiedlichen Fluchtgründen nach Deutschland gekommen. Darunter sind viele, deren Bildungsweg oder sogar Studium durch ihre Flucht unterbrochen wurden. Um gerade diese Menschen zu unterstützen, hat die Universität Tübingen ein Programm entwickelt, das „Refugee-Programm“. Dieses neun Monate dauernde Programm soll ihnen den Zugang zum Studium in Deutschland ermöglichen und ihnen dabei helfen, gute Karrierewege zu finden und ihre Träume zu verwirklichen.

Feras Trayfi und Michael Seifert aus der Redaktion von tünews INTERNATIONAL haben an einer Unterrichtseinheit des Refugee-Programms teilgenommen und mit Dr. Christine Rubas, die dafür verantwortlich ist, ein Interview geführt.

Das Programm läuft seit 2017 und wird von der Bundesregierung und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) finanziert. Aus dem ganzen Bundesgebiet gehen viele Bewerbungen für die 36 Plätze ein: Im zweiten Jahr waren es 300, im dritten Jahr 170. Der Auswahlprozess wird nach einem Punkte-System durchgeführt, wobei die Abiturnoten, ein Motivationsschreiben, vorhandene Deutschkenntnisse und der persönliche Eindruck im Vorstellungsgespräch bewertet werden.

Wir haben uns unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern umgehört und haben sehr viel Begeisterung und Zustimmung gehört.

 

Mohamad aus Syrien braucht das C1-Niveau für sein geplantes Studium in Maschinenbau/Engineering. Er sagt: „Dieser Kurs ist mit anderen Sprachkursen nicht vergleichbar, hier ist es viel besser. Besonders gefällt mir, dass es in der Klasse eine familiäre Atmosphäre gibt. Ich habe hier auch viele neue Freunde kennengelernt.“

Nour hat ihr vierjähriges Studium in Chemie in Syrien abbrechen müssen. Sie will nun Biochemie an der Uni Tübingen studieren. Sie sagt: „Das ist nicht nur ein Sprachkurs, man lernt hier auch Geschichte und Kultur und erwirbt interkulturelle Kompetenzen.“ Sie nimmt auch an einem Theaterworkshop einmal pro Woche teil und freut sich über die anderen Aktivitäten, die das Programm anbietet wie zum Beispiel die Ausflüge.

Muska kommt aus Afghanistan und hat dort Medizin studiert. Sie nimmt teil, um in Deutschland ihr Studium fortsetzen zu können. „In den vier Monaten ist mein Deutsch schon sehr viel besser geworden. Ich spreche hier den ganzen Tag Deutsch, jeden Tag lerne ich Neues. Ich will in den Kursen auch alles über Deutschland lernen. Dieses Programm zeigt mir meinen Weg in Deutschland auf.“

Aladin hat in Syrien „Islamic Banking“ mit dem Master abgeschlossen. Er möchte unbedingt arbeiten, hat aber wegen der Sprache bisher immer Absagen bekommen. Im Refugee-Kurs will er nun sein Deutsch verbessern: „Wenn es mit einer Arbeitsstelle nicht klappt, ist ein Studium auch eine gute Perspektive. Das Programm hilft mir sehr, ich lerne viel Neues, verstehe aber noch nicht immer alles. Mein Buddy hilft mir auch sehr.“

Das Buddy-Programm gehört auch zum Angebot dazu: Alle Teilnehmer haben deutsche Buddies, eine Studentin oder einen Studenten, die im täglichen Leben, beim Lernen, auch bei der Studienplatzsuche und bei der Bewerbung helfen.

Die häufigsten Schwierigkeiten bei den Teilnehmern, so berichtet Christine Rubas, sind psychische Probleme, insbesondere für diejenigen, die Traumatisierung erlebt oder Familiennachzüge haben. Hier wird persönliche Betreuung und Hilfe durch einen arabisch sprechenden Psychotherapeuten angeboten. Außerdem gibt es Hilfe für alltägliche Probleme mit dem Jobcenter oder Behörden wie Niederlassungserlaubnis, Anmeldebestätigung oder Verzögerung der Leistungsüberweisung.

Zu Beginn des Kurses gibt es jetzt neu eine Informationsveranstaltung, bei der die Wichtigkeit der Veranstaltungen über den Sprachkurs hinaus erklärt wird: interkulturelle Fähigkeiten (ganz wichtig bei der Jobsuche und im Arbeitsleben), akademisches Arbeiten (das anders als in Syrien mit mehr Selbständigkeit funktioniert) oder kreatives Schreiben. Schließlich wird auch ein Englisch-Kurs angeboten, für diejenigen, die das im Studium als zweite Sprache brauchen. Im Sommersemester werden dann auch Fachkurse in den einzelnen akademischen Disziplinen angeboten, für die die Teilnehmenden sich interessieren.

Christine Rubas zieht eine positive Bilanz: Über 50 % der Absolventen der bisherigen Refugee-Kurse studieren bereits an der Uni Tübingen, an der Dualen Hochschule oder einer Fachhochschule, fünf Personen studieren Medizin oder Zahnmedizin. Bis 2020 ist das Programm gesichert, aber die Universität will es auch danach weiterführen und möchte sich für ein neues Programm des DAAD bewerben.

Bis 15. Juni kann man sich online für den nächsten Kurs (Oktober 2019 bis Juli 2020) bewerben. Weitere Informationen: www.uni-tuebingen.de/studium/studienangebot/angebote-fuer-fluechtlinge/refugee-programm

TÜNEWS INTERNATIONAL

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