Schwimmenlernen bedeutet anzukommen!

Von Ammar Beilschmidt

 

Die Initiative „Schwimmen für alle Kinder“ erneuert das Angebot an alle Kinder aus Familien mit wenig Geld (Inhaber der KreisBonusCard), kostenlos schwimmen zu lernen. Dieser Aufruf erfolgte am 22. Juli 2021 im Tübinger Freibad während der Lesung „Im Wasser sind wir alle gleich“.

Rund 100 Besucherinnen und Besucher aus den unterschiedlichsten Hintergründen und Kulturen kamen zusammen an einem lauen Sommerabend, um vielfältige, berührende und spannende Erfahrungen vom Schwimmen zu hören. Die Geschichten reichten von dem brennenden Wunsch, seit der Kindheit schwimmen zu lernen, bis hin zu Geschichten, in denen Schwimmen ein entscheidender Faktor für das Überleben war. Die gelesenen Erfahrungen stammen aus dem Buch „Meine Schwimmgeschichte“, herausgegeben von Dagmar Müller und der Tübinger Initiative „Schwimmen für alle Kinder“, die zu diesem Leseabend in besonderer Atmosphäre geladen hatte.

Ein Thema der Integration

Die Besucherschaft war prominent besetzt. Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, MdB, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, sagte zum Thema des Vorleseabends: „Im Wasser sind wir alle gleich. Keiner von uns ist als Schwimmer auf die Welt gekommen. Alle mussten wir es erst lernen, egal ob Junge oder Mädchen, egal ob jung oder alt“.
Aber warum ist Schwimmen ein Thema der Integration? Widmann-Mauz zu tünews: „Anders als in Deutschland ist das Schwimmenlernen in vielen Ländern nicht Teil der Kultur. Deshalb bedeutet Schwimmenlernen für viele Menschen hier bei uns anzukommen, sich in einer neuen Umgebung, vielleicht auch in einem neuen Land über Wasser zu halten, nicht unterzugehen, die Angst vor dem Unbekannten abzulegen. Schwimmen ist eine Überlebenskompetenz und ganz wichtige Erfahrung für die eigene Entwicklung und das Selbstvertrauen, und das ist sehr wichtig für die Integration.“

Für Dr. Dorothea Kliche-Behnke, Mitglied des Landtags Baden-Württemberg für die SPD, bedeutet „der Zugang zu Schwimmunterricht Zugang zu Bildung. Und dieser muss für alle offen sein, unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft“.

Die Veranstalterin Dagmar Müller verwies auf einen weiteren Aspekt des Integrationsthemas, nämlich, dass das Schwimmen eine soziale Funktion hat: „Wir haben beobachtet, dass die Freundschaften unter verschiedenen Kulturen auch nach den Schwimmkursen, die wir mit unserer Initiative „Schwimmen für alle Kinder“ anbieten, bestehen bleiben“.

Auch Dietmar Rogg, Präsident des Bundesverbands Schwimmbad und Wellness e.V., nannte dies als einen Grund für seine Unterstützung der Initiative: „Schwimmen bringt verschiedene Menschen zusammen und das hilft in der persönlichen und sozialen Entwicklung.“

Aber woher kam die Idee zu dem Mut-Mach-Buch, aus dem vorgelesen wurde?

„Das Buch soll mit authentischen Geschichten die emotionalen Erfolge der Schwimmkinder vermitteln und den Mut zum eigenen Handeln stärken. Es erzählen Schwimmkinder, die zu starken Kindern geworden sind. Ergänzt durch Schwimmgeschichten von Menschen aus dem öffentlichen Leben, ist das Buch ein Weckruf an alle, dass die Schwimmsicherheit unserer Kinder eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“, so Müller. Sie fügte hinzu: „Das Team von „Schwimmen für alle Kinder“ ermöglicht Kindern und Jugendlichen aus Familien mit wenig Geld, kostenfreien Schwimmunterricht bis zur Schwimmsicherheit. Das wird mit dem Deutschen Schwimmabzeichen Bronze geprüft. Die Schwimmausbildung kann bis zu zwei Jahren dauern, wichtig ist, regelmäßig am Unterricht teilzunehmen.

Ehrenamtliche Initiative

Das Projekt „Schwimmen für alle Kinder“ begann im Jahr 2015 als eine ehrenamtliche Initiative in Kooperation mit dem Runden Tisch Kinderarmut der Universitätsstadt Tübingen, die im Förderverein Lokales Bündnis für Familie Tübingen e.V. organisiert ist. Das Ziel der Initiative ist es, möglichst vielen Kindern und Jugendlichen aus Familien mit wenig Geld ebenso wie aus Flüchtlingsfamilien die Chance zu bieten, kostenfrei schwimmsicher zu werden. Das Team fördert die Teilnehmenden individuell vom Nichtschwimmer bis zur Schwimmsicherheit, die mit dem Abschluss des Deutschen Schwimmabzeichens Bronze geprüft wird. Das ehrenamtliche, multinationale Team legt Wert auf Qualität in der Schwimmausbildung. „Schwimmen zu lernen, sichert Überleben“, sagt Dagmar Müller und ergänzt: „Was wir als Team bei vielen Kindern erlebt haben, ist die Kraft des gemeinsamen Lernens, die Energie, die aus persönlichen Erfolgen beim Schwimmenlernen gewonnen wird, und das Glück, das jede und jeder einzelne von uns empfindet, wenn ein unsicheres Kind zu einem selbstbewussten Kind wird, das voller Stolz von seiner eigenen Leistung erzählt.“

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Das Freibad in Tübingen. Foto: tünews INTERNATIONAL / Mostafa Elyasian.

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