Desinformationen über Rassismus gegenüber Geflüchteten

Von Wolfgang Sannwald

Der Ukraine-Krieg ist auch ein Informationskrieg. Derzeit kursieren in sozialen Medien Aussagen über JournalistInnen und PolitikerInnen in Europa. Die würden angeblich öffentlich sagen, dass ihnen blauäugige und blonde Kriegsopfer aus der Ukraine emotional viel näher gehen als beispielsweise diejenigen aus dem arabischen oder persischen Sprachraum. Damit verbindet sich der Vorwurf von Rassismus. Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) geht Entwicklungen und Trends in Bezug auf Rassismus in Deutschland nach. Es hat am 5. Mai 2022 Umfrageergebnisse in seinem Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) veröffentlicht. Demnach gibt es in der Tat Rassismus in Deutschland. Das Institut möchte unter anderem erforschen, welches Ausmaß Rassismus in Deutschland hat.

Kriegführende Parteien im Krieg Russlands gegen die Ukraine können Rassismus-Vorwürfe aber auch zusätzlich verstärken. So versuchen sie möglicherweise, europäische Staaten zu schwächen. Dazu schüren sie dann Unfrieden innerhalb der europäischen Staaten. Wer Flüchtlingsgruppen gegeneinander oder gegen Medien und Politik aufbringt, erzeugt inneren Unfrieden. Der Vorwurf, dass JournalistInnen und PolitikerInnen blauäugige und blonde Geflüchtete bevorzugen, könnte so eingesetzt worden sein. Der Vorwurf geht nach Recherchen von tünews INTERNATIONAL wohl auf eine Sendung des britischen Fernsehsenders BBC vom 26. Februar 2022 zurück. Darin äußerte sich ein Interviewgast: „It’s really emotional for me, because I see european people with blue eyes and blond hair being killed, children being killed every day with Putins missiles and his helicopters and his rockets.“ Jemand hat diese Aussage aus einem längeren Interview auf 27 Sekunden Laufzeit beschnitten und auf Twitter hochgeladen. Dieser Tweet wurde mehr als vier millionenmal angeklickt. Die Sequenz haben mehrere Influenzer und Blogger als Beleg für Rassismus in längere Beiträge eingebaut. Auch in Tübingen kam die Botschaft von den angeblich rassistischen Medien und PolitikerInnen an. Die Frage heißt: Wessen Rassismus kann man mit dem Zitat belegen? Das Zitat stammt nicht vom Journalisten der BBC und auch von keinen PolitikerInnen. Sie stammt von einem Interviewgast in einem Live-Interview. Wie kommt es dazu, dass viele Influenzer und Blogger das Zitat als Beleg für Rassismus von europäischen Medien und PolitikerInnen verwenden?

Hat das etwas mit Fake-News oder gar Desinformation zu tun? Wer Desinformationen verbreitet, macht unwahre Aussagen, um Menschen damit zu beeinflussen. Dabei verpackt er unwahre Aussagen absichtlich so, dass sie als wahr erscheinen. Martin Steinebach und Michael Kreutzer vom deutschen „Nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit“ (ATHENE) haben am 10. März 2022 Hinweise auf Desinformation zum Ukrainekrieg gegeben. Grundsätzlich sind Desinformationen am besten daran zu erkennen, dass sich deren VerfasserInnen nicht an professionelle journalistische Standards halten. Da geht es zunächst um die zitierte Person. JournalistInnen machen klar, wer etwas wann gesagt hat, in welchem Medium und in welchem Zusammenhang. JournalistInnen bemühen sich zudem um Distanz zum Inhalt oder zum emotionalen Gehalt der Nachricht. Desinformation zielt demgegenüber vor allem darauf, LeserInnen emotional zu bewegen. Wer Desinformation will, wählt oft eine emotionale Sprache oder reiht emotionalisierende Szenen, Bilder oder Aussagen aneinander. Wenn „Experten“ zitiert werden, heißt die Frage: Sind die wirklich fachlich anerkannt? Im Internet erfährt man schnell, ob jemand beispielsweise in Fachmagazinen veröffentlicht hat. Man kann auch in die Suchmaschine im Internet die Stichwörter der Information und zusätzlich das Wort „Faktencheck“ eintragen. Manchmal ist die Desinformation bereits anderen aufgefallen und sie haben schon Beiträge dazu veröffentlicht.

https://twitter.com/fatimazsaid/status/1497673230814953473

https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/2022/03/ukraine-krieg-fake-news-erkennen.html

tun22051301

www.tuenews.de

Beim tünews-Workshop in Heilbronn. Foto: tünews INTERNATIONAL / Martin Klaus.

 

 

 

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