Wie können Familien mit Kindern Deutsche werden

Von Qoutayba Abboud
Viele Geflüchtete, die seit 2015 nach Deutschland kamen, können und wollen jetzt die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden wie z.B. Dauer des Aufenthalts in Deutschland, Aufenthaltsstatus, deutsche Sprachkenntnisse oder die Sicherung des Lebensunterhalts. Außerdem unterscheidet sich der Antragsprozess für die Einbürgerung von Familien mit Kindern von dem für alleinstehende Personen. Um mehr darüber zu erfahren, besuchte tünews INTERNATIONAL die Einbürgerungsbehörde des Landratsamts Tübingen, die für den gesamten Landkreis zuständig ist, und informierte sich über die Voraussetzungen, die speziell für Familien mit Kindern gelten.
Die Frage, ob es Unterschiede in den Gesetzen und Anforderungen für den Antrag auf Staatsbürgerschaft zwischen den Bundesländern oder sogar den einzelnen Landkreisen gibt, wird häufig gestellt. Die Einbürgerungsbehörde betont, „dass es zwar gesetzliche Grundlagen für alle Bundesländer gibt, aber auch Verwaltungsvorschriften in den Ländern, die die Umsetzung des Gesetzes definieren. Dies kann zu unterschiedlichen Interpretationen führen, da es Ermessensspielräume gibt. Allerdings sollten diese Unterschiede nicht gravierend sein.“
Laut dem Gesetz hat man einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn man acht Jahre lang einen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt in Deutschland hatte. Es gibt auch Möglichkeiten für eine Einbürgerung nach sechs oder sieben Jahren Aufenthalt, sofern man besondere Integrationsleistungen nachweisen kann. Kinder konnten jedoch nicht von dieser Verkürzung profitieren, da sie in der Regel nicht in der Lage sind, solche Integrationsleistungen nachzuweisen. Daher war es bisher nicht möglich, dass Kinder gemeinsam mit ihren Eltern eingebürgert werden konnten, wenn die Eltern die Einbürgerung nach sechs oder sieben Jahren beantragten. Die Kinder mussten in diesem Fall noch warten, bis die Eltern einen Aufenthalt von acht Jahren erreicht hatten. Jedoch hat sich die Rechtsauffassung dazu im letzten Jahr geändert. Das Bundesinnenministerium hat vorgegeben, dass die Einbürgerung von Kindern mit ihren Eltern auch nach sechs oder sieben Jahren möglich ist, wenn besondere Integrationsleistungen der Eltern nachgewiesen werden. Damit soll eine einheitliche Einbürgerung von Familien ermöglicht werden.
Laut der Einbürgerungsbehörde können Jugendliche erst nach acht Jahren ohne die Beteiligung ihrer Eltern einen Antrag auf Einbürgerung stellen. Besondere Integrationsleistungen, wie ein erfolgreicher Schulabschluss ab dem Alter von 16 Jahren, können jedoch dazu führen, dass die Aufenthaltsdauer für sie auf sechs oder sieben Jahre verkürzt wird. Ein möglicher Leistungsbezug der Eltern durch öffentliche Gelder hat keine Auswirkungen auf die Einbürgerung von Jugendlichen. Wirtschaftliche Integration durch eigene Einkünfte wird grundsätzlich gefordert, aber Leistungsbezug durch öffentliche Gelder muss kein Hindernis für die Einbürgerung sein, wenn die Personen diesen Bezug nicht verantworten müssen – etwa wegen Kindererziehung oder aus gesundheitlichen Gründen. Die Entscheidung über die Einbürgerung hängt jedoch von den individuellen Umständen ab und kann aufgrund des Ermessensspielraums von verschiedenen Behörden unterschiedlich interpretiert werden.
Nach Auskunft der Einbürgerungsbehörde fallen bei einer Familie Gebühren für die Einbürgerung an. Die Eltern zahlen jeweils 255 Euro und für Kinder unter 16 Jahren beträgt die Gebühr 51 Euro, wenn sie gemeinsam mit den Eltern eingebürgert werden. Wenn jedoch für die Kinder einen Antrag auf Einbürgerung unabhängig von den Eltern gestellt wird, ist die Gebühr für jedes Kind 255 Euro. Ab dem Alter von 16 Jahren hängt die Gebühr vom Einkommen ab. Wenn ein 16-Jähriger bereits ein eigenes Einkommen hat, kann man ihm auch die Gebühr von 255 Euro berechnen.
Das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine notwendige Voraussetzung für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft. Seit 2007 ist diese Anforderung in der Gesetzgebung auf mindestens das Sprachniveau B1 festgelegt worden. Hinsichtlich des wirtschaftlichen Status einer Familie genügt es, wenn ein Elternteil erwerbstätig ist. Das Einkommen wird in diesem Fall für die gesamte Familie berechnet. Auch wenn eine Mutter ein kleines Kind hat und daher nicht arbeiten kann, ist das kein Hindernis, die Staatsbürgerschaft zu erlangen, solange das Einkommen des Vaters ausreichend ist, um ihre täglichen Bedürfnisse zu decken.
Die Einbürgerungsbehörde hat auch darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung ein neues Gesetz zur Einbürgerung vorbereitet. Darin sollen zum Beispiel kürzere Aufenthaltszeiten als bisher für eine Einbürgerung festgelegt werden. Außerdem soll auch eine doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht werden, was heißt, dass man seine bisherige Staatsbürgerschaft nicht mehr aufgeben müsste, wie es momentan vom Gesetz verlangt wird. Der Gesetzesentwurf muss von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden und wird zurzeit kontrovers diskutiert. Das Gesetz soll frühestens zum 1. Juli 2023 kommen.
Mehr Informationen zur Einbürgerung auf der Webseite der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration unter:
https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/ich-moechte-mehr-wissen-ueber/einbuergerung/einbuergerung-auf-einen-blick-1865116

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Das Reichstagsgebäude in Berlin. Foto: tünews INTERNATIONAL / Mostafa Elyasian.
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