16 Stunden ohne: Was Ramadan und Intervallfasten gemeinsam haben

Von Reem Kamel-Al Sagheer und Brigitte Gisel
Nicht nur Muslimas und Muslime fasten. Viele Menschen praktizieren auch ohne religiösen Hintergrund einen Lebensstil mit zeitweisem Nahrungsverzicht.
Während des Ramadan vom 23. März bis zum 22. April werden in Deutschland viele Muslimas und Muslime fasten. Sie sind aber nicht die Einzigen, die zeitweise auf Nahrung verzichten. Auch ganz ohne spirituellen Bezug haben sich viele Menschen für einen Lebensstil entschieden, der sich rein äußerlich vom Ramadanfasten wenig unterscheidet. Sie praktizieren Intervallfasten und essen für eine bestimmte Zeit oder auch auf Dauer nur in einem beschränkten Zeitfenster. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Arten des Fastens – und was sind die Unterschiede? Reem Kamel-Al Sagheer und Brigitte Gisel von tünews INTERNATIONAL schildern ihre Erfahrungen.
Die Gründe
Ramadan – Reem: „Warum man in Ramadan fastet, ist eine interessante Frage, die jeder anders beantworten kann. Es ist aber sicher, dass Muslime in Ramadan die Spiritualität sehr gerne genießen. Fasten ist eine Übung für die menschliche Seele. Geduld zu lernen. Das Essen und Trinken liegen vor dir, dich sieht auch wahrscheinlich keiner. Aber du wartest trotzdem. Das bringt uns näher zu Gott und zu uns selbst. Es ist auch laut Studien ein sehr gesundes System für den Körper, um sich selbst zu reinigen. Der Körper braucht ständige Pausen jedes Jahr. Außerdem erinnert man sich beim Fasten meistens an armen Menschen, die sehr oft hungrig zu Bett gehen. Dafür gibt es die ,Zuckerfest-Gabe‘ die man normalerweise im Ramadan für die Armen zahlt.“
Intervallfasten – Brigitte: „Das Intervallfasten hat keinen weltanschaulichen Hintergrund. Die meisten Menschen – ich auch – nutzen es, um abzunehmen oder ihren Stoffwechsel in Schwung zu bringen. Ernährungswissenschaftler haben verschiedene Modelle ausgearbeitet: Man darf beispielsweise acht Stunden lang essen und fastet anschließend 16 Stunden lang – genau so lange wie im Ramadan. Eine andere Möglichkeit besteht darin, fünf Tage in der Woche normal zu essen und zwei Tage zu fasten oder tageweise zwischen Fasten und Essen abzuwechseln. Trinken darf und soll man dabei die ganze Zeit über – in der Fastenperiode aber nur Getränke ohne Kohlehydrate. Empfohlen wird sogar, zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich zu nehmen, um die Fettverbrennung zu unterstützen.“
Der Tagesablauf
Frühstück:
Ramadan – Reem: „Unser Frühstück beginnt in der Nacht gegen 4 Uhr und nennt sich Suhur. Danach fängt man an zu fasten. Der Suhur soll Proteine enthalten. Meistens esse ich Müsli mit Haferflocken, Banane, Datteln und Milch. Frische Säfte sind auch wichtig. Am wichtigsten ist aber Wasser, damit der Körper nicht austrocknet.“
Intervallfasten – Brigitte: „Mein Frühstück ist gestrichen, da ich mich dazu entschieden habe, von 20 Uhr bis 12 Uhr zu fasten. Deshalb gibt es nur zwei Tassen Kaffee (mit ganz wenig Milch).“
Mittagessen:
Ramadan – Reem: „Kein Mittagessen.“
Intervallfasten – Brigitte: „Um 12 Uhr bin ich wirklich hungrig. Meistens esse ich dann Vollkornbrot mit Avocado oder Schinken oder Käse. Dann noch etwas Obst oder Müsli und dazu einen Cappuccino.“
Während des Tages:
Ramadan – Reem: „Ich esse nichts und trinke auch kein Wasser. Man verzichtet auch auf Sex, Streit und Schimpfen.“
Intervallfasten – Brigitte: „Wenn ich keine Zeit habe, so gegen 15 Uhr eine Kleinigkeit zu kochen, gibt es noch einmal Brot mit Belag, rohem Gemüse und Obst. Sonst auch mal einen Salat oder den Nudelrest von gestern. Dazu jede Menge Mineralwasser.“
Abends:
Ramadan – Reem: „Gegen 20 Uhr darf ich dieses Jahr mein Fasten brechen. Ich fange immer mit drei bis sieben Datteln an und trinke Wasser. Danach mache ich eine kurze Pause, damit meine Magen keinen Schock bekommt. Nach der Pause esse ich dann, was ich mit meiner Familie gekocht habe. Dabei kommt täglich Salat und Suppe auf den Tisch.“
Intervallfasten – Brigitte: „So gegen 18.30 Uhr fangen wir an zu kochen. Fleisch gibt es selten, manchmal Fisch, Nudeln, Risotto, Gemüseaufläufe. Hin und wieder auch selbst gemachte Pizza oder einen Gemüsekuchen. Auch Restaurantbesuche sind drin – dann dauert am nächsten Tag die Fastenzeit halt etwas länger. Eigentlich dürfte ich sogar ein Glas Wein dazu trinken. Das ist mir aber noch zu früh. Um 20 Uhr endet dann mein Ess-Tag: Von jetzt an gibt es nur noch Kräutertee oder Wasser. Die Schokolade zum Fernsehgucken habe ich anfangs sehr vermisst, ich gewöhne mich aber so langsam daran.“
Fazit
Ramadan – Reem: „Wenn der Ramadan zu Ende ist, bin ich sehr stolz auf mich, dass ich es durchgezogen habe. Ich fühle mich auch körperlich und seelisch fitter.“
Intervallfasten – Brigitte: „Nach dem Intervallfasten ist vor dem Intervallfasten. Ich fühle mich gut damit und mache weiter – vielleicht aber bloß fünf Tage die Woche. Dann ist das Wochenende fastenfrei.“

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www.tuenews.de

Fastenbrechen im Ramadan. Foto: tünews INTERNATIONAL / Rahima Abdelhafid.
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