Streiken erlaubt – aber nur nach festen Regeln

Wenn in Deutschland mal wieder keine Züge fahren, die Stadtbusse in der Garage bleiben und die Fahrer für höhere Löhne auf der Straße demonstrieren, stellt sich immer die Frage: Dürfen die das eigentlich? Sie dürfen, denn das Streikrecht ist in Deutschland mit Bezug auf das Grundgesetz garantiert. Allerdings setzt das voraus, dass Regeln eingehalten werden. Streiken darf nur, wer von der zuständigen Gewerkschaft dazu aufgerufen wurde. Und zum Streik aufrufen dürfen die Gewerkschaften nur im Rahmen aktueller Tarifauseinandersetzungen. Politische Streiks oder gar ein Generalstreik sind gesetzlich verboten. Auch Beamte – also zum Beispiel Lehrer oder Polizisten – dürfen nicht streiken. Eine gute Übersicht dazu gibt es bei der Bundeszentrale für politische Bildung: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202193/tarifpolitik-tarifautonomie/
Hintergrund ist die so genannte Tarifautonomie. Löhne und Gehälter werden in Deutschland nicht vom Staat und in den meisten Fällen auch nicht einfach vom Firmenchef festgelegt. In den meisten Branchen gelten Tarifverträge – und diese wurden zwischen den Arbeitgeberverbänden, also den Vertretern der Arbeitgeber, und den Gewerkschaften als Vertreter der Beschäftigten ausgehandelt. Sie gelten dann für alle tarifgebundenen Beschäftigten in einer Branche, oftmals in einem Bundesland oder sogar in ganz Deutschland. Dabei kann es um die Höhe der Gehälter gehen, aber auch um weitreichendere Regelungen wie Urlaubsgeld, Urlaubstage oder Ausbildungsvergütungen. Auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales heißt es: „Die Tarifautonomie ist in Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes gewährleistet und beinhaltet in Deutschland das Recht der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch Tarifverträge eigenständig zu regeln.“ (https://www.bmas.de)
Bis es zu einem Tarifvertrag kommt, wird oft hart gestritten. Dabei kann es dann auch vorkommen, dass die Gewerkschaften zu so genannten Warnstreiks aufrufen: Das sind kurzfristige Arbeitsniederlegungen, um Entschlossenheit zu zeigen. Acht Gewerkschaften – zum Beispiel Verdi oder die IG Metall – haben sich im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zusammengeschlossen. Er hat ungefähr 6 Millionen Mitglieder. Hinzu kommen unabhängige Gewerkschaften. Es gibt aber auch kleine Betriebe, die keinem Tarifvertrag unterliegen. Dann müssen Firmenchef und Angestellter die Löhne und Gehälter selbst aushandeln.
Kommt es bei Tarifverhandlungen zu keiner Lösung, stimmen die Gewerkschaftsmitglieder darüber ab, ob gestreikt werden soll. Das ist die so genannte Urabstimmung. Damit wirklich gestreikt werden darf, müssen mindestens 75 Prozent der Mitglieder im Bereich des vorgesehenen Tarifvertrags zustimmen. Gibt es im weiteren Verlauf ein Verhandlungsergebnis, kann der Streik beendet werden, wenn 25 Prozent der Mitglieder zustimmen.
Das Ergebnis der Verhandlungen nennt sich Tarifabschluss. Bei einem Gehaltstarifvertrag erhalten die Beschäftigten dann mehr Geld. Wegen der Teilnahme an einem legalen Streik darf übrigens auch niemand gekündigt werden. Sicherheitshalber vereinbart aber beispielsweise die Gewerkschaft Verdi beim Abschluss eines Tarifvertrags eine „Maßregelungsklausel“, die das ganz sicher ausschließt. Allerdings muss der Arbeitgeber Beschäftigte, die streiken, für die Dauer des Streiks nicht bezahlen. Gewerkschaftsmitglieder erhalten für die Streikdauer finanzielle Unterstützung. Wer kein Gewerkschaftsmitglied ist und trotzdem streikt, geht leer aus.
https://www.dgb.de/themen/++co++8441ae46-fef1-11df-463e-00188b4dc422

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Gewerkschaften und Arbeitnehmer Streiken für bessere Löhne. Foto: tünews INTERNATIONAL / Mostafa Elyasian.

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