Jugendguides mit Justizministerin auf dem Jüdischen Friedhof

Am Mittwochnachmittag, den 31. 07. 2024 erhielten die von Landkreis und KulturGut qualifizierten Jugendguides Besuch aus der Politik: Marion Gentges, Ministerin der Justiz und für Migration Baden-Württemberg und Landrat Joachim Walter wollten die Jugendguides kennenlernen und von ihnen lernen.

Auf dem Jüdischen Friedhof in Wankheim gaben Anna, Anne und Anda einen Einblick in Ihre Arbeit als Jugendguides und teilten ihre Kenntnisse zum Gedenkbuch an die jüdischen Tübinger Opfer des Nationalsozialismus.

Ausgestattet mit ihrem Wissen, ihren Quellen, Mikrofon und Lautsprecher startete die Führung mit der Besichtigung der Kunstinstallation des Gedenkbuchs selbst. Gemeinsam mit Anna blätterte die Justizministerin in den metallenen Seiten durch die Biographien. Bevor es an die inhaltlichen Themen geht, interessierte die Ministerin aber eins vor allem: was denn die Jugendguides motiviere, sich mit solchen Themen zu befassen. Was sie dazu motiviere vor anderen Gruppen öffentlich und ehrenamtlich zu präsentieren. Der Konsens hierzu lautet eindeutig: der Wunsch dem Vergessen entgegenzuwirken.

Wer waren denn aber nun die Menschen, die den Verbrechen des nationalsozialistischen Staates zum Opfer fielen? Ein Einblick in zwei Einzelschicksale sollte stellvertretend für die 56 Biographien erfolgen.

Anne stellte Elfriede Spiro vor. Ein kurzer biographischer Einblick, gefolgt von den Zeugnissen des Verbrechens: ihre Quelle ist die „Transportliste der evakuierten Juden des Kreises Tübingen“. Was als Transport bezeichnet wird, bedeutete jedoch die Deportation in das Sammellager zum Stuttgarter Killesberg. Von dort aus wurden die Menschen weiter deportiert, entweder direkt in ein Konzentrationslager, oder wie im Falle Spiros in das Ghetto Theresienstadt. Die Spuren des Ghettos lassen sich noch im heutigen Terezín vorfinden. Für die folgende Exkursion nach Tschechien im Oktober hat sich Anne zu dem Zeitpunkt bereits lernbegierig angemeldet. In Wankheim jedoch ließ sie vorerst die Quellen für sich sprechen: ÚSTŘEDNÍ KARTOTÉKA – TRANSPORTY. Eine Karteikarte beweist den weiteren Ablauf der Deportation am „23.1.1943“. Der verzeichnete Transport Cr mit der laufenden Nummer 1934 fand sein Endziel im KZ Auschwitz-Birkenau. Das genannte Datum wird auch später, 1951, durch das Amtsgericht Tübingen als Todesdatum für Elfriede Spiro festgesetzt. Gedacht wird Spiro allerdings nicht nur im 2024 aufgestellten Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof. Anne nimmt ihr Publikum mit auf den Friedhof und verweist auf den Gedenkstein von 1946, der auf Initiative und im Auftrag des Shoah-Überlebenden Viktor Marx errichtet wurde. Auch hier lässt sich der Name Elfriede Spiro finden.

 

Anda möchte nun Albert Schäfer und seine Geschichte vorstellen. Zurück am Gedenkbuch blättert sie seine Biographie auf: „Albert Schäfer wurde am 26. August 1878 in Hainsfarth geboren.“ lautet der erste Satz. Anda geht aber über seinen Lebens- und Leidensweg hinaus – auch sie nutzte die akribisch geführten Unterlagen der nationalsozialistischen Bürokratie als Beweismittel des Unrechts. Eine Kennkarte belegt, dass Schäfer 1938 aus dem Konzentrationslager Dachau entlassen wurde. Nach seiner Entlassung verstirbt er 1941 in seiner Wohnung in Tübingen. Vor dem Grabstein Schäfers nun zitierte sie aus einem Brief seines Neffen Josef Oppenheim an die Journalistin Lilli Zapf: „Wie Sie wissen, wurde mein Onkel Albert Schaefer nach Dachau gebracht, von wo er schwer krank zurueckkehrte & bald darauf an den Folgen starb.“

Im Anschluss tauschen die drei Jugendguides Anna, Anda und Anne sich mit der Gruppe aus: was bedeutet Erinnerung heute, und wie hat sie sich verändert? Warum ist es wichtig zu erinnern? Was bedeutet der aktuelle Krieg in Israel für uns? Anna verteilte an alle ein Armband: „Never Again“ steht darauf, ein Motto, das sich die Jugendguides ausgesucht haben.

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