Warum haben viele Menschen mit Migrationsgeschichte am 1. Januar Geburtstag?

Von Reem Al Sagheer

Am 1. Januar haben in Deutschland nach Angaben des Bundesamtes für Migration (BAMF) 416.420 Menschen mit Migrationshintergrund Geburtstag. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien (rund 123.000), der Türkei (85.000), Afghanistan (60.000) und dem Irak (30.000). Mit Abstand folgen noch andere Länder wie zum Beispiel Eritrea, Marokko und der Libanon.

Soll das ein Witz sein? Sind es wirklich so viele, die zufällig alle an diesem Tag geboren sind oder gibt es für dieses Datum andere Gründe? Im Gegensatz zu Deutschland sind Geburtstage in den genannten Ländern nicht so wichtig. Die meisten Menschen dort feiern ihre Geburtstage selten oder gar nicht. Ihrer Meinung nach gibt es nichts zu feiern, wenn man ein Jahr von seinem Leben verloren hat. Andere finden, dass nur Erfolg oder selbst errichte Ziele gefeiert werden sollten: Für den Geburtstag hat man nichts selbst getan, darum macht es nach dieser Logik keinen Sinn, ihn zu feiern.

Weil der Geburtstag unwichtig ist, registrieren Behörden beispielsweise in Syrien die Geburtsdaten nicht auf den Tag und Monat genau, nur das Geburtsjahr ist wichtig und wird notiert. In Deutschland hingegen ist das vollständige Datum wichtig. Wenn dieses fehlt, tragen deutsche Behörden meist den 1. Januar ein. So kommt es dazu, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland scheinbar am 1. Januar geboren sind.

Es gibt aber noch einen anderen Grund. Viele SyrerInnen berichten aus eigener Erfahrung, dass einige Eltern ihre Kinder nachträglich registrieren lassen, und dabei ein früheres Datum eintragen als den eigentlichen Geburtstag. Ihr Ziel ist es, für ihre Kinder frühzeitig Zugang zur Schule zu erhalten. Das heißt, die Eltern machen ihre Kinder älter. Denn das Bildungsministerium akzeptiert Kinder erst als SchülerInnen, wenn sie sechs Jahre alt sind. Viele Eltern wollen ihre Kinder aber früher einschulen lassen, um ein Jahr zu gewinnen. Trotz dieses Vorteils gibt es Eltern, die bereuen, dass sie ein falsches Geburtsdatum in den Pass ihrer Kinder eintragen ließen. Viele Kinder beschweren sich deswegen bei ihren Eltern. Denn für die jüngere Generation ist es wichtiger geworden, den richtigen Geburtstag zu feiern oder das richtige Geburtsdatum im Pass zu haben. Sie wollen nicht eine oder einer aus der Menge der am 1.1. Geborenen sein.

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Impressionen zum Leben in Zeiten der Corona-Pandemie: Foto: tünews INTERNATIONAL; Samar Barnia.

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