Arthur Samson Hirsch wurde am 16. März 1886 in Tübingen geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Gustav Hirsch und dessen Ehefrau Emma geborene Lindauer (Landauer). Sie waren israelitischer Religion. [1701] [1702] Im Familienregister der Stadt Stuttgart wird Emma Hirschs Geburtsname mit „Lindauer“ wiedergegeben. [1703] Auch auf ihrem Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof in Wankheim steht „Emma Lindauer“. [1704] Seit dem 24. Mai 1875 lebte die Familie im ersten Stock der Kronengasse 6 in Tübingen. Die Wohnung war Eigentum. [1705] Arthur Hirsch hatte wohl die Webschule in Reutlingen absolviert und war in verschiedenen Webereien als Volontär gewesen. [1706]
Am 29. April 1919 heiratete Arthur Hirsch in Hechingen Hermine Singer. Hermine Singer war am 10. Februar 1893 in Hechingen, heute Zollernalbkreis, geboren worden und israelitischer Religion. Hermine Singer wird als ohne Beruf bezeichnet. Ihre Eltern waren der Kaufmann Elias Singer und dessen Ehefrau Luisa geborene Ottenheimer. Arthur Hirsch wird als Kaufmann bezeichnet. [1702] Arthur und Hermine Hirsch lebten seit 1920 in Stuttgart in der Schloßstraße 39, im Herdweg 50, in der Sonnenbergstraße 20 und in der Hospitalstraße 21 B. [1707] Arthur und Hermine Hirsch hatten zwei Söhne: Erwin wurde am 1. Juli 1920 und Gerhard am 30. März 1926 geboren, beide in Stuttgart. [1703]
In den Adressbüchern für die Stadt Stuttgart der Jahre 1920 bis 1939 ist unter dem Namen Arthur Hirsch eine Sattler-, Polstermaterialien- und Leinenwarengroßhandlung eingetragen. Von 1920 bis 1933 befand sich diese im Erdgeschoss der Hospitalstraße 24 B, ab 1934 im Erdgeschoss der Hospitalstraße 21 B. [1708] [1709] Dort wurde nach Angaben der Witwe von Arthur Hirsch aus der Nachkriegszeit „alles verkauft was ein Sattler u. Tapezier zu seinem Handwerk nötig hatte“. „Schwankend in der Saison“ sollen nach Angaben der Witwe 10 bis 15 Reisende, Vertreter, Büroarbeiter und Lagerarbeiter für die Firma tätig gewesen sein, das Wiedergutmachungsamt ging von wesentlich weniger Beschäftigten aus. [1706] Der Inhaber eines Sattler- und Polsterwarengeschäfts in Stuttgart-Vaihingen, der 1930 bis 1932 bei Arthur Hirsch tätig gewesen war, sprach 1953 „mit grosser Achtung“ von Arthur Hirsch „und nannte ihn einen tüchtigen Geschäftsmann“. Der hätte vor 1930 mit einem Adolf Müller, der ebenfalls Jude gewesen sei, ein Geschäft betrieben. 1930 sei das Geschäft vor allem wegen persönlicher Differenzen der beiden Teilhaber auseinandergegangen. Herr Müller sei als Reisender „die Triebkraft des ganzen Geschäftes gewesen.“ Arthur Hirsch habe es nach der Trennung „sehr schwer“ gehabt. Bei der damaligen allgemeinen Wirtschaftskrise sei das Geschäft „nicht sehr gut gegangen“ und als sich der Zeitzeuge 1932 selbständig machte, „noch mehr zurückgegangen“. Der Rückgang sei auf die „schlechten wirtschaftlichen Bedingungen der damaligen Zeit und nicht darauf zurückzuführen, dass Herr Hirsch Jude war.“ [1710] Laut Handelsregisterakten Stuttgart ging das Geschäft am 15. Oktober 1932 auf Arthur Hirschs Frau Hermine über, „nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Ehemannes mangels einer die Kosten des Verfahrens deckende Masse am 23.8.1932 zurückgewiesen worden war.“ Sie meldete das Geschäft 1939 ab. [1711]
Im Zusammenhang mit der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde Arthur Hirsch verhaftet und am 11. November 1938 im KZ Dachau auf dem Gebiet der heutigen bayerischen Stadt Dachau inhaftiert. Seine Häftlingsnummer war 22536. Das Kürzel „SchJ.“ weist darauf hin, dass er als Jude in „Schutzhaft“ genommen worden war. [1712] [1713] Aus der erhaltenen Schreibstubenkarte geht hervor, dass er in Block 14 auf Stube 4 inhaftiert war. [1712] Das Todesdatum von Arthur Hirsch ist im Sterbebuch des Standesamts Prittlbach für den 8. Dezember 1938 eingetragen. [1714] Prittlbach ist heute ein Ortsteil der Gemeinde Herbertshausen im Landkreis Dachau. Ein Teil des KZs Dachau lag ursprünglich auf Markung der Gemeinde Prittlbach und kam 1939 zur Markung von Dachau. Bis dahin trug das Standesamt Prittlbach Sterbefälle im KZ Dachau in seine Standesamtsbücher ein. [1715] Die Staatspolizeileitstelle München hatte den Eintrag im Prittlbacher Sterbebuch beantragt und gab als Todeszeitpunkt „16 Uhr 30 Minuten“ und als Todesursache „Kreislaufschwäche“ an. [1714] Nach dem Tod Arthur Hirschs lebte seine Witwe Hermine zunächst in der Wernlinstraße 1 in Stuttgart. [1707] Sie wanderte mit der Holland-Amerika-Linie am 17. April 1940 von Rotterdam in die USA aus. Sie starb am 15. Februar 1956. [1716]
KrATÜ P1-17
01 Das Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim
Der Landkreis Tübingen und die Gemeinde Kusterdingen haben sich 2022 dazu entschlossen, gemeinsam ein Gedenkbuch zu erarbeiten und vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim aufzustellen.
02 Geschichtlicher Überblick zum Jüdischen Friedhof Wankheim
1774 gestattete der ritterschaftliche Ortsherr Freiherr Friedrich Daniel St. André den Zuzug jüdischer Familien in sein Dorf Wankheim bei Tübingen. Die bürgerliche Gemeinde Wankheim verpachtete der jüdischen Gemeinschaft ab November 1774 einen Begräbnisplatz.
03 Ergänzungen und Korrekturen
An dieser Stelle informieren wir darüber, welche weiteren Erkenntnisse es zum Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim gegeben hat und welche Textstellen in der online-Version des Gedenkbuches korrigiert wurden.