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Pagel, Dr. Albert

Albert Pagel wurde am 3. Dezember 1885 in Berlin geboren. Seine weiteren Vornamen waren Berthold und Johannes. Seine Eltern waren der praktische Arzt Julius Leopold Pagel und dessen Ehefrau Marie geborene Labaschin. Sie wohnten in Berlin in der Chausseestraße 57. Beide Eltern waren israelitischer Religion. [3401] Albert Pagel erwarb am Lessing-­Gymnasium in Berlin am 3. März 1904 das Reifezeugnis. [3402] Ab dem 12. April 1904 studierte er zu Berlin an der Friedrich Wilhelms Universität, seit dem 10. Oktober 1904 an der Juristischen Fakultät, die ihm am 7. März 1907 ein Abgangszeugnis ausstellte. [3403] Die Juristische Fakultät der Universität Gießen promovierte Albert Pagel am 11. Dezember 1909 für seine Dissertation „Fälschung und Handeln unter falschem Namen“. [3404] Von Ostern 1912 bis Ostern 1914 war Dr. Albert Pagel Assistent an der Juristischen Fakultät der Universität Berlin. [3405] Er verfasste mehrere wissenschaftliche Artikel zu rechtsphilosophischen und juristischen Themen. [3406]

Dr. Albert Pagel begann eine juristische Laufbahn im Staatsdienst am 24. November 1911 als Gerichtsassessor in Berlin. Ab April 1912 war er „unentgeltlich“ beim Amtsgericht in Nauen, heute Landkreis Havelland in Brandenburg, beschäftigt. [3405] Der Kammergerichts­präsident in Berlin teilte dem Justizministerium am 17. März 1913 mit, Albert Pagel sei „laut dem beiliegenden Taufschein“ am 19. Januar 1913 vom Judentum zum Christentum übergetreten. [3407]

Es folgten Dienststellen beim Amtsgericht Berlin Mitte (1. April 1915 bis 1. April 1917), beim Amtsgericht Charlottenburg (ab 1. Mai 1917) und bei weiteren Amtsgerichten bis Ende 1918. [3405] Am 16. Dezember 1920 bat Dr. Albert Pagel beim Kammergericht Berlin, ihn aus dem Justizdienst zu entlassen. Der Kammergerichtspräsident erläuterte, dass Pagel „in letzter Zeit ständig aus Gesundheitsrücksichten“ beurlaubt gewesen sei. [3408]

Dr. Albert Pagel schied nach Auskunft seines Bruders Walter „wegen chronischen Leidens“ aus dem Justizdienst aus und widmete sich der rechtsphilosophischen Forschung. [3409] Er strebte eine Lehrerlaubnis für Rechtsphilosophie und römisches Recht an, zog ein entsprechendes Gesuch jedoch am 4. März 1926 aus „persönlichen Gründen“ zurück. [3410] In einem Schreiben aus der Nachkriegszeit berichtete Albert Pagels Bruder Walter, dass seine Schwester Charlotte Pagel, statt eine Sängerkarriere zu machen, ihr Leben „bewußt geopfert“ und sich der Pflege ihres kranken Bruders Albert gewidmet habe. [3411] 1927 zog Dr. Albert Pagel zusammen mit seiner Schwester Charlotte nach Tübingen. Sie waren ab dem 21. August 1927 in der Melanchthonstraße 25 und ab dem 1. Juni 1932 in der Kelternstraße 8 gemeldet. Den Tübinger Meldeunterlagen zufolge war Dr. Albert Pagel ledig und israelitischer Religion. Er ist als Privatlehrer bezeichnet. [3412] Nach Angaben aus der Wiedergutmachungsakte lebten die Geschwister Pagel in einem gemeinsamen Haushalt. Sie bezogen eine Rente aus Privatbesitz, der den beiden gemeinsam gehörte. [3413]

Am 15. Juli 1942 schrieb der Tübinger Polizeiamtsvorstand an die Stuttgarter Geheime Staatspolizei, Charlotte Pagel habe ihren „beinahe 60-jährigen Bruder“, Dr. Albert Pagel, der „eine jammervolle Figur darstellt“, zu betreuen. Im Falle einer „Evakuierung“ sollten „beide Pagel weggeschafft“ werden. Der Polizeiamtsvorstand hielt weder Albert Pagel noch seine Schwester Charlotte für „jemals transportfähig“. [3414] Der Tübinger Kriminalobersekretär Wendnagel unterzeichnete am 20. August 1942 eine „Transportliste der abzuschiebenden Juden der Stadt Tübingen“. Mit der laufenden Nummer 3 ist darin der Name von Albert Pagel aufgelistet. Er wird als „früherer Privatlehrer“ bezeichnet, sein Doktortitel wird genannt. Mit der Nummer 4 ist der Name seiner Schwester Charlotte Pagel aufgeführt. [3416]

Den Tübinger Meldeunterlagen zufolge war Dr. Albert Pagel am 20. August 1942 „unbekannt verzogen“. [3412] Sein Name steht mit der laufenden Nummer 916 auf der Namensliste zum Deportationstransport XIII/1. Der Transportzug fuhr am 22. August 1942 vom Stuttgarter Nordbahnhof ab und traf am 23. August 1942 im Ghetto Theresienstadt im Gebiet der heutigen Stadt Terezín im tschechischen Bezirk Litoměřice ein. [3417]

Am 23. Januar 1943 wurde Albert Pagel in dem Transport mit der Bezeichnung Cr von Theresienstadt ins KZ Auschwitz-Birkenau, das überwiegend auf dem Gebiet des heutigen polnischen Landkreises Oświęcim in der Woiwodschaft Kleinpolen lag, weiterdeportiert. Albert Pagels Namen ist die laufende Nummer 1822 auf der Transportliste zugeordnet. Zusammen mit Albert Pagel wurde seine Schwester Charlotte nach Theresienstadt (Nummer 917) und weiter ins KZ Auschwitz-Birkenau (Transport-Nummer Cr 1823) deportiert. [3418] Der Transport Cr, in dem sich 2029 Männer, Frauen und Kinder befanden, erreichte das KZ Auschwitz-Birkenau am 24. Januar 1943. 142 Männer und 82 Frauen wurden zur Zwangsarbeit bestimmt, alle anderen unmittelbar nach der Ankunft ermordet. [3419] Durch Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 1. April 1959 wurden Albert und Charlotte Pagel zum 26. Januar 1945 für tot erklärt. [3420]

KrATÜ P1-34

Der Landkreis Tübingen und die Gemeinde Kusterdingen haben sich 2022 dazu entschlossen, gemeinsam ein Gedenkbuch zu erarbeiten und vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim aufzustellen.

1774 gestattete der ritterschaftliche Ortsherr Freiherr Friedrich Daniel St. André den Zuzug jüdischer Familien in sein Dorf Wankheim bei Tübingen. Die bürgerliche Gemeinde Wankheim verpachtete der jüdischen Gemeinschaft ab November 1774 einen Begräbnisplatz.

An dieser Stelle informieren wir darüber, welche weiteren Erkenntnisse es zum Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim gegeben hat und welche Textstellen in der online-Version des Gedenkbuches korrigiert wurden.

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