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Schäfer, Selma

geborene Seemann

Selma Seemann wurde am 14. März 1887 in Aschbach geboren. Aschbach ist heute ein Gemeindeteil der Stadt Schlüsselfeld im Landkreis Bamberg. Selma Seemanns Eltern waren der Handelsmann Joseph Seemann und dessen Ehefrau Emma geborene Fleischmann. Sie waren israelitischer Religion. [4101]

Selma Seemann heiratete am 19. Dezember 1910 in Tübingen Albert Schäfer. Zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnte sie in Kleinlangheim, heute Landkreis Kitzingen. Laut Heiratsbuch war sie „ohne Beruf“. Albert Schäfer war am 26. August 1878 in Hainsfarth geboren worden und israelitischer Religion. Hainsfarth ist eine Gemeinde im heutigen Landkreis Donau-Ries. Albert Schäfer wird als Kaufmann bezeichnet. Seine Eltern waren der Handelsmann Heinrich Schäfer und Saly Schäfer geborene Schönwalter. [4102] Albert Schäfer hatte sich am 2. Dezember 1910 von Würzburg nach Tübingen abgemeldet. [4103] Selma und Albert Schäfer waren zunächst in der Föhrbergstraße 6 und anschließend ab 1. März 1912 in der Herrenbergerstraße 34 in Tübingen gemeldet. Ab dem 16. April 1934 wohnten sie in der damaligen Wilhelm-Murr-Straße 1, heute Neue Straße 1. [4104] Die Familie lebte zeitweise in einer Siebenzimmer-Wohnung. [4105] Selma und Albert Schäfer hatten zwei Töchter, die in Tübingen geboren wurden: Herta (27. Oktober 1911) [4106] und Liselotte (22. Juni 1921). [4107]

Selma Seemanns Schwester Karoline war mit Jakob Oppenheim verheiratet. [4108] Ihr Schwager Jakob Oppenheim war 1905 nach Tübingen gekommen und hatte das dortige Damenkonfektions- und Aussteuergeschäft Eduard Degginger&Co übernommen, das seit dem 31. Januar 1906 als „Eduard Degginger Nachfolger“ firmierte. [4109] Der Standort des Geschäfts war zunächst die Neue Straße 16. [4110]

Am 8. Februar 1911 wurde die Firma Eduard Degginger Nachfolger in eine Offene Handelsgesellschaft umgewandelt, Gesellschafter waren seitdem Jakob Oppenheim und Selma Schäfers Mann Albert. [4111] Im August 1912 kauften Jakob Oppenheim und Albert Schäfer das frühere Offizierskasino in der Neue Straße 1 von der Stadt Tübingen und verlegten das Geschäft dorthin. [4112] Nach Angaben von Selma Schäfers Tochter Herta war ihr Vater zur Hälfte Teilhaber. Dieses Geschäft „musste im Zug der Verfolgungsmassnahmen arisiert werden, nachdem der Umsatz schon durch die Boykottwirkung beträchtlich gelitten hatte.“ Nach Ermittlungen des Wiedergutmachungsamtes sanken die Reinerträge der Firma von 7723 Reichsmark 1933 auf 2520 Reichsmark 1934 und 610 Reichsmark 1935. [4105] Am 1. Oktober 1935 verpachteten die Inhaber das Geschäft an Karl (Carl) Haidt in Tübingen. [4112] [4113] Von da ab habe Albert Schäfer kein gewerbliches Einkommen mehr gehabt. [4105] Selma Schäfer soll bis dahin im Geschäft ihres Mannes mitgearbeitet haben, entweder sei sie im Verkauf eingesprungen oder habe an der Kasse gearbeitet. [4114]

Selma Schäfers Mann Albert Schäfer wurde vom 9. bis 29. November 1938 inhaftiert, unter anderem im KZ Dachau auf dem Gebiet der heutigen bayerischen Stadt Dachau. [4115] Diese KZ-Haft soll ihn „körperlich und seelisch … stark geschwaecht“ haben. [4116] Albert Schäfers Neffe Dr. Heinz Oppenheim, der von 1934 bis 1936 als praktischer Arzt eine Praxis in der Neue Straße 1 in Tübingen betrieben hatte, erklärte in der Nachkriegszeit, dass Albert Schäfer mit einer Broncho-Pneumonie von Dachau zurückgekommen sei, „von der er sich nie erholt hat“. [4117] Selma Schäfers Mann Albert starb am 5. Mai 1941. [4118] Sein Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in Wankheim. [4119]

Selma Schäfer musste „im Rahmen der Landumsiedlung“ [4120] am 23. Oktober 1941 nach Haigerloch zum Wohnungsgeber Willi Levi im Haag 233 (Im Haag 255) umziehen. [4104] [4120] In einem „Verzeichnis der aus dem Landkreis Hechingen am 27.11.1941 evakuierten Juden“ [4121] steht der Name von Selma Schäfer mit der laufenden Nummer 69 und der Transportnummer 660. [4122]

Selma Schäfer musste in den Deportationszug mit etwa 1000 Menschen, der am 1. Dezember 1941 vom Nordbahnhof Stuttgart abging. [4123] Der Transport kam am 4. Dezember 1941 im Bahnhof Skirotava bei Riga in Lettland an. Die Deportierten mussten in das KZ „Gut Jungfernhof“. [4124] Der Holocaust-Überlebende Viktor Marx berichtete 1964 als Augenzeuge, dass am 26. März 1942 Frauen und Kinder aus dem KZ Jungfernhof unter Vortäuschung eines anderen Ziels abtransportiert worden seien. Selma Schäfer dürfte demnach zu den Opfern der Massenerschießungen an diesem Tag im Wald Biķernieki bei Riga gehören. [4125] Das Amtsgericht Hechingen, Zweigstelle Haigerloch, erklärte Selma Schäfer am 29. März 1949 für tot. Als Todestag setzte es den 10. Februar 1942 fest. [4126]

KrATÜ P-41

Der Landkreis Tübingen und die Gemeinde Kusterdingen haben sich 2022 dazu entschlossen, gemeinsam ein Gedenkbuch zu erarbeiten und vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim aufzustellen.

1774 gestattete der ritterschaftliche Ortsherr Freiherr Friedrich Daniel St. André den Zuzug jüdischer Familien in sein Dorf Wankheim bei Tübingen. Die bürgerliche Gemeinde Wankheim verpachtete der jüdischen Gemeinschaft ab November 1774 einen Begräbnisplatz.

An dieser Stelle informieren wir darüber, welche weiteren Erkenntnisse es zum Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim gegeben hat und welche Textstellen in der online-Version des Gedenkbuches korrigiert wurden.

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