< Spiro, Edwin | tuenews
Logo Tunews Magazin

Spiro, Edwin

Edwin Spiro wurde am 10. Mai 1903 in Gmünd, heute Schwäbisch Gmünd im Ostalbkreis geboren. Seine Eltern waren Dr. Ludwig Spiro und dessen Ehefrau Jertha geborene Schweizer. Zum Zeitpunkt der Geburt war der Vater evangelischer, die Mutter israelitischer Religion. Sie wohnten in der Wilhelmsstraße 30. [4301] Edwin Spiros Vater Ludwig war in Wankheim, heute Gemeinde Kusterdingen im Landkreis Tübingen, geboren worden [4302] und hatte in Tübingen studiert. [4303] Ludwig Spiro und die Kinder Hans sowie Elfriede wurden am 6. Januar 1902 in Stuttgart getauft. [4304] Die Mutter Jertha blieb israelitisch. [4305] Edwin Spiro wird auf der Tübinger Meldekarte des Vaters Ludwig Spiro als evangelisch bezeichnet. [4302]

Die Familie von Ludwig Spiro, mit ihr Edwin Spiro, veränderten mehrfach ihren Wohnort. Nach Schwäbisch Gmünd (1901-1906) zog die Familie nach Weinsberg, heute Landkreis Heilbronn. [4305] In Tübingen lässt sich „Oberpräzeptor“ (Oberlehrer) Dr. Ludwig Spiro von 1909 bis 1914 in der Gartenstraße 65 nachweisen [4306] [4307], vom 12. November 1915 bis zum 17. August 1917 in der Reutlingerstraße 8. [4302] Anschließend zog Ludwig Spiro mit seiner Familie wieder nach Gmünd. [4302] Edwin Spiro besuchte das Realgymnasium in Tübingen und Gmünd bis zum „Einjährigen“ (Mittlere Reife). Er wechselte dann auf die Handelsschule und schloss diese ab. [4308] Laut Melderegister der Stadt Gmünd war Edwin Spiro vom 15. September 1919 bis 22. Dezember 1920 dort als Lehrling (Kaufmann). [4309]

Edwin Spiro war vom 14. August 1922 bis 1. März 1923 nach Berlin Süd-West abgemeldet, vom 4. Januar 1925 bis zum 6. Mai 1925 nach Barmen, heute einem Stadtbezirk von Wuppertal. [4309] Am 15. Februar 1929 zog er nach Stuttgart in die Danneckerstraße 27a. [4310] Edwin Spiro heiratete am 16. Mai 1929 in Stuttgart Sophie Spegel. Sophie Spegel war am 15. Mai 1906 in Ellwangen, heute Ostalbkreis, geboren worden [4311] und katholischer Religion. [4312] Die Ehe blieb kinderlos. [4313] Das Ehepaar wohnte 1934 im Erdgeschoß der Arndtstraße 29 in Stuttgart, 1935 an der „Heslacher Wand 5“, 1936 in der Taubenheimstraße 60. [4314]. Edwin Spiro arbeitete von 1926 bis 1935 in der Versicherungswirtschaft, zuletzt in der Funktion eines Bezirksleiters im Außendienst. [4315] Er hatte einen Telefonanschluss [4314] und besaß seit circa 1932 ein Auto. Da er selbst keinen Führerschein hatte, beschäftigte er einen Fahrer. [4315]

Die Polizei nahm Edwin Spiro am 21. November 1935 in einer Wohnung in Fellbach, heute im Rems-Murr-Kreis, fest. Ihm wurde vorgeworfen, mit der dort wohnenden verheirateten Frau „deutschen Blutes“ mehrmals Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Nach den Gerichtsakten hatte das Verhältnis mit dieser Frau 1933 begonnen, [4316] laut der Presse 1932. [4317] Das Landgericht Stuttgart verhandelte vom 4. bis zum 28. Januar 1936 „wegen eines fortgesetzten Verbrechens der Rassenschändung“ gegen Edwin Spiro und verurteilte ihn zu sechs Monaten Haft. Er wurde am 3. Februar 1936 in das Landesgefängnis in Rottenburg am Neckar, heute Landkreis Tübingen, eingeliefert. Das Reichsjustizministerium bewilligte ein Gnadengesuch, so dass er am 12. Mai 1936 einen Monat vorzeitig aus dem Gefängnis frei kam. [4316] Edwin Spiro war vom 20. Mai bis 3. Juni 1936 in der Christophstraße 1 in Tübingen gemeldet, wo sich damals sein verwitweter Vater Ludwig Spiro aufhielt. Anschließend zog Edwin Spiro nach Stuttgart, zunächst in die Schwab­straße 149 [4318], von 1938 bis 1941 wohnte er in der Reinsburgstraße 206, 1942 in der Urbanstraße 116. [4314] Als letzter Wohnort ist der Engelboldsweg 105 in Stuttgart-Kaltental belegt. [4319]

Edwin Spiro war nach seiner Haftentlassung zunächst arbeitslos [4313], später „Briefmarken-Kommissionär“ und nach seiner zweiten Verhaftung Hilfsarbeiter in einer Druckerei. [4320] Edwin Spiro wurde im zeitlichen Anschluss an die Reichspogromnacht (9. bis 10. November 1938) am 10. November 1938 zum zweiten Mal verhaftet, die Haft dauerte bis zum 31. Januar 1939. [4315] Nach einer dritten Inhaftierung am 20. Februar 1942 wurde er in das „Polizeigefängnis“ Welzheim in der heutigen Stadt Welzheim im Rems-Murr-Kreis überstellt. [4321] Einem Schreiben des Polizeigefängnisses Welzheim vom 12. Februar 1943 zufolge wurde Edwin Spiro von dort am 2. Februar 1943 in das KZ Auschwitz, das überwiegend auf dem Gebiet des heutigen polnischen Landkreises Oświęcim in der Woiwodschaft Kleinpolen lag, „verschubt“. [4322]

Ein Gestapobeamter informierte die Ehefrau in einem Gespräch am 19. März 1943 über den Tod ihres Mannes: Edwin Spiro sei am 10. März 1943 in Auschwitz an Lungenentzündung gestorben. [4323] Denselben Todestag hielt die Bezirksstelle Südwestdeutschland der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Stuttgart im März 1943 fest. [4324] Laut einem Eintrag ins Sterbezweitbuch des Standesamtes Auschwitz vom 20. März 1943 sei der „Buchdrucker Edwin Israel Spiro“ in der dortigen Kasernenstraße am 10. März 1943 um 18:40 Uhr verstorben. Durch die Geburtsdaten, den Wohnort, die Namen der Eltern und der Ehefrau ist diese Person zu identifizieren. Eine Todesursache wurde nicht eingetragen. [4325] Nach Angaben der Arolsen Archives wollten die Verantwortlichen des KZs Auschwitz mit derartigen Todeseinträgen den Eindruck von Normalität erwecken. [4301] [4326] Das Amtsgericht Stuttgart erklärte Edwin Spiro am 9. April 1952 für tot, als Todestag stellte es den 31. Dezember 1945 fest. [4321]

KrATÜ P1-43

Der Landkreis Tübingen und die Gemeinde Kusterdingen haben sich 2022 dazu entschlossen, gemeinsam ein Gedenkbuch zu erarbeiten und vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim aufzustellen.

1774 gestattete der ritterschaftliche Ortsherr Freiherr Friedrich Daniel St. André den Zuzug jüdischer Familien in sein Dorf Wankheim bei Tübingen. Die bürgerliche Gemeinde Wankheim verpachtete der jüdischen Gemeinschaft ab November 1774 einen Begräbnisplatz.

An dieser Stelle informieren wir darüber, welche weiteren Erkenntnisse es zum Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim gegeben hat und welche Textstellen in der online-Version des Gedenkbuches korrigiert wurden.

TÜNEWS INTERNATIONAL

Related posts

Contact Us

Magazine Html