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Spiro, Hans

Hans Spiro wurde am 15. Juli 1898 in Landau, heute Rheinland-Pfalz, geboren. Seine Eltern waren der Lehrer Ludwig Spiro und dessen Ehefrau Jertha geborene Schweizer. Beide Eltern waren israelitischer Religion. [4501] Ludwig Spiro war in Wankheim, heute einem Ortsteil der Gemeinde Kusterdingen im Landkreis Tübingen, geboren worden [4502] und hatte in Tübingen studiert. [4503] Hans Spiro, sein Vater und seine Schwester Elfriede wurden am 6. Januar 1902 in Stuttgart getauft. [4504] Die Mutter Jertha blieb israelitisch. [4502] Die Familie von Ludwig Spiro, der als Gymnasiallehrer arbeitete, und mit ihr Hans Spiro veränderten mehrfach ihren Wohnort. 1901 bis 1906 wohnte sie in Gmünd, dem heutigen Schwäbisch Gmünd im Ostalbkreis, dann in Weinsberg im heutigen Landkreis Heilbronn. [4505]

In Tübingen lässt sich „Oberpräzeptor“ (Oberlehrer) Dr. Ludwig Spiro von 1909 bis 1914 in der Gartenstraße 65 [4506] [4507] und vom 12. November 1915 bis zum 17. August 1917 in der Reutlingerstraße 8 nachweisen. [4502] Als Hans Spiros Vater mit seiner Familie 1917 nach Schwäbisch Gmünd zog, blieb der Sohn Hans in Tübingen. [4502] Hans Spiro begann wohl eine Ausbildung bei der Bank von Siegmund Weil in Tübingen, die er nach einer Unterbrechung durch seinen Militärdienst (wohl 1916 bis 1919) beendete. Er war dann als Bankbeamter, später als Prokurist bei der Firma Weil tätig, [4508] 1920 auch vorübergehend bei der Disconto-­Gesellschaft in Schwäbisch Gmünd. [4509]

Hans Spiro heiratete am 26. Juni 1923 in Bochum Elisabeth Clara Teckemeyer. Clara Teckemeyer war am 13. Oktober 1897 in Bochum geboren worden und wohnte dort in der Castroper Straße 60 [4510] in der Wohnung ihrer Eltern. [4511] Clara Teckemeyers Vater war der Bergmann Heinrich Teckemeyer, ihre Mutter war Lisette geborene Kellermeier. [4511] Die Mitglieder der Familie Teckemeyer waren evangelischer Religion [4511], Clara galt als „arisch“. [4512] Clara (Cläre) Spiro zog am 2. Juli 1923 von Bochum nach Tübingen in die Neue Straße 8. [4513] Dort wurde am 25. Juli 1924 die Tochter Liselotte [4514] als einziges Kind des Ehepaares geboren. [4515] Ab dem 1. März 1926 wohnte die Familie von Hans Spiro in der Wöhrdstraße 10a. [4512]

Hans Spiro erscheint in den Quellen mit den Berufsbezeichnungen Bankbeamter [4512], „Vertretungen“, Kaufmann [4506], Verlagsvertreter [4512] und seit 1934 als Werbeberater. [4506] Die Dokumentationsstelle zur Erforschung der Schicksale der jüdischen Bürger Baden-Württembergs erfuhr wohl von der Witwe Hans Spiros, dass ihn Ende 1938 ein „Verbot jeglicher Arbeitsaufnahme“ getroffen habe. [4516] Hans Spiro soll deswegen „illegal“ gearbeitet haben, unter anderem als Werbefachmann bei der Tageszeitung Reutlinger Generalanzeiger. [4508]

Kurz nach der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden viele Menschen jüdischer Herkunft verhaftet, darunter auch Hans Spiro. [4517] Die Polizei überstellte viele der Verhafteten nach ein bis zwei Tagen in KZs. Im KZ Dachau im Gebiet der heutigen oberbayerischen Stadt Dachau wurde Hans Spiro am 12. November 1938 mit der Nr. 25527 registriert. [4518] Am 15. Dezember 1938 wurde er von dort entlassen. [4519]

Die damals 15-jährige Tochter Lieselotte Spiro wanderte am 29. Juni 1939 nach England aus [4520] und wohnte dort. [4521]. Laut Erkundigungen aus der Nachkriegszeit wurde Hans Spiro im November 1939 für einige Tage erneut verhaftet und im Tübinger, dann Stuttgarter Gefängnis festgehalten. [4516] Der Kaufmann Hans Spiro, wohnhaft in der Wöhrdstraße 10, meldete 1941 den Tod seines Vaters Ludwig Spiro in Tübingen. [4522]

Am 1. August 1942 durchsuchte die Polizei ergebnislos die Tübinger Wohnung der Spiros auf der Suche nach einem Rundfunkgerät. [4523] Hans Spiros Witwe Clara (Kläre) gab am 19. Juni 1950 gegenüber dem Amt für Wiedergutmachung Tübingen an, dass ihr Mann am 4. Dezember 1942 um 11 Uhr von Gestapobeamten verhaftet und in das Polizeigebäude in der Tübinger Münzgasse verbracht worden sei, „von wo er nach 8 Tagen in das Gefängnis nach Stuttgart […] überführt wurde.“ Am 31. Dezember 1942 sei er in das KZ Welzheim (im Gebiet der heutigen Stadt Welzheim im Rems-Murr-Kreis) transportiert worden. Sie berichtete weiter: „Ende Januar 1943 erhielt ich ein nach Welzheim gerichtetes Paket zurück mit dem Vermerk, daß der Empfänger nicht mehr in Welzheim sei. Durch Bekannte erfuhr ich dann, daß mein Mann nach Auschwitz verschickt worden sei […].“ [4517] Das KZ Auschwitz befand sich überwiegend auf dem Gebiet des heutigen polnischen Landkreises Oświęcim in der Woiwodschaft Kleinpolen.

Laut einem Eintrag ins Sterbezweitbuch des Standesamtes Auschwitz ist der „Kaufmann Hans Israel Spiro“ in der dortigen Kasernenstraße am 19. März 1943 um 9:40 Uhr verstorben. Als Todesursache gab der Arzt „Herzmuskeldegeneration“ an. [4524] Nach Angaben der Arolsen Archives seien bis auf Ausnahmen alle vom Standesamt Auschwitz angegebenen Todesursachen gefälscht. [4525] Das Sonderstandesamt Arolsen übernahm den Todestag 19. März 1943 nach Kriegsende. [4501]

KrATÜ P1-45

Der Landkreis Tübingen und die Gemeinde Kusterdingen haben sich 2022 dazu entschlossen, gemeinsam ein Gedenkbuch zu erarbeiten und vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim aufzustellen.

1774 gestattete der ritterschaftliche Ortsherr Freiherr Friedrich Daniel St. André den Zuzug jüdischer Familien in sein Dorf Wankheim bei Tübingen. Die bürgerliche Gemeinde Wankheim verpachtete der jüdischen Gemeinschaft ab November 1774 einen Begräbnisplatz.

An dieser Stelle informieren wir darüber, welche weiteren Erkenntnisse es zum Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim gegeben hat und welche Textstellen in der online-Version des Gedenkbuches korrigiert wurden.

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