Karl Weil wurde am 18. Juni 1879 in Tübingen geboren. Seine Eltern waren Friedrich Weil und dessen Ehefrau Sofie geborene Maier. Beide waren israelitischer Religion. Sie wohnten in Tübingen. Im Geburtsregister wird der Vater als Bankier bezeichnet. Bei der Geburtsanzeige wurde der Vorname des Kindes nicht angegeben. Am 11. Juli 1879 ließ Friedrich Weil den Vornamen des Sohnes als „Carl“ eintragen. [4901]
Der folgende Lebenslauf beruht zum Großteil auf eigenen Angaben von Karl Weil aus dem Jahr 1936. [4902] Er sei nach dem Gymnasium 1894 als Lehrling in das väterliche Bankgeschäft eingetreten. Nach der Lehrzeit wäre er Volontär bei der „Rhein[ischen] Kreditbank“ gewesen. [4903] Er habe die (1898 gegründete) Handelsakademie in Genf in der Schweiz besucht. Von Oktober 1899 bis Oktober 1900 habe er Militärdienst abgeleistet. [4902] Bevor er ins väterliche Geschäft nach Tübingen zurückkehrte, sei er in verschiedenen Banken in London, Paris und Berlin angestellt gewesen. Sein Vater Friedrich habe 1909 eine Bankfiliale in Horb am Neckar, heute Landkreis Freudenstadt, eröffnet. [4903] Karl Weil meldete sich ab dem 4. November 1909 als Einwohner in Horb an. Im Verzeichnis der wohnsteuerpflichtigen Einwohner der Stadt wird er als Bankier bezeichnet. [4904] Im Ersten Weltkrieg sei er, Karl Weil, Soldat beim Landwehr-Infanterieregiment 125 gewesen. [4905] Nach zweieinhalbjähriger Frontzeit wäre er wegen schwerer Erkrankung ins Lazarett gekommen und anschließend in die [Tübinger] Garnison. Mitte November 1918 sei er aus dem Militärdienst entlassen worden. [4902]
Karl Weil führte nach dem Tod seines Vaters Friedrich Weil 1923 das Horber Bankgeschäft als Direktor weiter. Er war persönlich haftender Gesellschafter, ab 1925 führte er das Bankgeschäft als Einzelfirma fort. Das Hauptgeschäft blieb in Horb, mit der Zeit errichtete die Bank eine Zweigniederlassung in Tübingen und eröffnete an verschiedenen kleineren Orten in der Umgebung Agenturen. Durch die großen Kursstürze am 13. Mai 1927 und die Inflation verlor Karl Weil erheblich an Kapital. 1931 wurde sein Geschäft durch die allgemeine Bankenkrise getroffen. Das Amtsgericht Stuttgart I ließ Karl Weil am 11. Oktober 1935 „wegen dringenden Verdachts eines Devisenvergehens“ verhaften, seine Bank musste am 30. Oktober 1935 schließen. [4903]
Das Landgericht Stuttgart verurteilte Karl Weil am 5. Mai 1936 „wegen betrügerischen Bankerotts“ unter anderem zu einer „Gesamtzuchthausstrafe von drei Jahren, drei Monaten, abzüglich sechs Monaten Untersuchungshaft“ und zu Geldstrafen. [4906] Seine Strafe verbüßte Karl Weil ab dem 22. September 1936 im Zuchthaus Ludwigsburg, aus dem er am 22. Juni 1939 entlassen wurde. [4907] Karl Weil meldete sich am 14. September 1939 aus Horb nach Mainz, Rheinstraße 79 ab. [4908] Dorthin war seine Mutter Sofie Weil bereits am 16. November 1935 umgezogen. [4902] [4909] Das Polizeipräsidium Mainz stellte am 18. September 1939 eine Kennkarte für Karl Weil aus. [4910]
Der Name von Karl Weil steht in einer 1941 bis 1943 aufgestellten Liste über die aus Mainz ausgewanderten Juden. Er ist anhand seines Geburtsdatums und Geburtsortes identifizierbar. Der Liste zufolge wäre Karl Weil 1940 nach Jugoslawien ausgewandert. [4911] Die Tübinger Autorin Lilli Zapf ging 1966 davon aus, dass Karl Weil in die Schweiz fliehen wollte. An der Grenze sei er durch die Gestapo verhaftet worden. [4912] Vom 9. April bis 12. Mai 1943 war Karl Weil in der Haftanstalt Mainz in „Schutzhaft“. [4913]
Auf einer Karteikarte der Reichsvereinigung der Juden zu Karl Weil steht mit Datumsvermerk 30. November 1944 in Maschinenschrift: „verstorben 3. September 1943 im KL Auschwitz.“ Gemeint ist das KZ Auschwitz, das überwiegend auf dem Gebiet des heutigen polnischen Landkreises Oświęcim in der Woiwodschaft Kleinpolen lag. Die Identität der Person geht aus dem Geburtsdatum und dem Geburtsort hervor. Karl Weils Adresse in Mainz ist als „Emmerich Josepfstr. 18“ eingetragen [4914], die heutige Emmerich-Josef-Straße. Auf Mitteilung des Sonderstandesamts Arolsen trug das Standesamt Tübingen zu Karl Weils Geburtseintrag den folgenden Vermerk ein: „Gestorben am 3.9.1943 in Auschwitz“. [4901]
KrATÜ P1-49
01 Das Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim
Der Landkreis Tübingen und die Gemeinde Kusterdingen haben sich 2022 dazu entschlossen, gemeinsam ein Gedenkbuch zu erarbeiten und vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim aufzustellen.
02 Geschichtlicher Überblick zum Jüdischen Friedhof Wankheim
1774 gestattete der ritterschaftliche Ortsherr Freiherr Friedrich Daniel St. André den Zuzug jüdischer Familien in sein Dorf Wankheim bei Tübingen. Die bürgerliche Gemeinde Wankheim verpachtete der jüdischen Gemeinschaft ab November 1774 einen Begräbnisplatz.
03 Ergänzungen und Korrekturen
An dieser Stelle informieren wir darüber, welche weiteren Erkenntnisse es zum Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim gegeben hat und welche Textstellen in der online-Version des Gedenkbuches korrigiert wurden.