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Wochenmark, Dr. Joseph

Joseph Wochenmark wurde am 17. oder 18. Juni 1880 in Rozwadow, Galizien (heute wahrscheinlich ein Stadtteil von Stalowa Wola in der polnischen Woiwodschaft Karpatenvorland) geboren. Ein Standesamtseintrag für seine Geburt konnte nicht ermittelt werden. Beide Geburtsdaten sind in späteren amtlichen Unterlagen überliefert. [5401] [5402] Seine Eltern waren Boruch Wochenmark und dessen Ehefrau Scheindel geborene Leder. [5402] Nach einem von Joseph Wochenmark selbst verfassten Lebenslauf besuchte er das jüdische Lehrerseminar in Hannover und bestand im Februar 1900 die erste Prüfung für den Schuldienst. Ab dem 1. Februar 1905 habe er im Dienst der Israelitischen Oberkirchenbehörde in Württemberg gestanden und am 31. Januar 1907 das württembergische Staatsbürgerrecht erworben. 1910 habe er die zweite Dienstprüfung als Volkschullehrer beim Evangelischen Oberschulamt in Stuttgart bestanden, 1911 die zweite Dienstprüfung als Vorsänger beziehungsweise Religionslehrer bei der Israelitischen Oberkirchenbehörde in Stuttgart. [5401] Joseph (Josef) Wochenmark schrieb sich ab 17. Oktober 1912 für ein Semester als Hörer an der Philosophischen Fakultät in Tübingen ein. [5403]

Joseph Wochenmark heiratete am 14. August 1916 Bella Freudenthal in Erfurt. Beide Eheleute waren „mosaischer“ Religion. Zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnte Joseph Wochenmark in Freudental, heute Landkreis Ludwigsburg. Seine Eltern wohnten in Hannover. Bella Freudenthal war am 14. Januar 1887 in Gotha geboren worden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnte sie in Erfurt in der Scharnhorststraße 22 und war „ohne Beruf“. Ihre Eltern waren der Viehhändler Karl Rusel Freudenthal und Lina geborene Hellmann. Sie wohnten in Erfurt. [5404] Laut dem Tübinger Familienbuch hatten Bella und Josef Wochenmark zwei Söhne: Alfred wurde am 30. Juni 1917 in Freudental und Arnold am 31. März 1921 in Crailsheim, heute Landkreis Schwäbisch Hall, geboren. [5405]

Joseph Wochenmark zog mit seiner Familie von Crailsheim kommend am 6. Oktober 1925 nach Tübingen, zunächst in die Uhlandstraße 16, dann ab dem 30. Oktober 1925 in die Wöhrdstraße 23. Er wird als Religionslehrer und Prediger bezeichnet [5406] und hatte die Religionslehrerstelle bei der Tübinger israelitischen Gemeinde inne. [5403] Im Sommersemester 1926 immatrikulierte sich Joseph Wochenmark erneut an der Universität Tübingen [5407] und studierte von Sommer 1926 bis Herbst 1931 Pädagogik. [5408] Am 3. März 1933 promovierte er mit der Arbeit „Die Schicksalsidee im Judentum“. [5401] Er belegte noch das Wintersemester 1933/34 als Gasthörer an der Universität. [5409]

„Ohne Familie“ meldete sich Dr. Joseph Wochenmark am 27. August 1934 aus Tübingen nach Gmünd, heute Schwäbisch Gmünd im Ostalbkreis, ab. [5406] Der „Oberlehrer“ wohnte dort in der Vorderen Schmidgasse 18. Seine Familie kam am 29. September 1934 nach Gmünd. Wochenmarks wohnten dort in der Uferstraße 32, seit 5. Oktober 1936 in der Königsturmstraße 29, seit dem 23. Januar 1939 in der Königsturmstraße 18. [5410] Joseph und Bella Wochenmarks Sohn Alfred war bereits 1933 von Tübingen aus in die Schweiz nach Basel gezogen, 1937 wanderte er in die USA aus. [5411] Der Sohn Arnold zog am 19. Juli 1937 ebenfalls nach Basel. [5410]

Bella und Joseph Wochenmark meldeten sich am 7. Januar 1940 von Gmünd aus nach Stuttgart um. Dort lassen sie sich in der Rosenbergstraße 119 (?) [5410], der Rosenbergstraße 103 (1941), der Olgastraße 75 (1942) und der Eberhardstraße 1 nachweisen. [5402] [5412] Josef Wochenmark starb am 8. März 1943 im Bürgerhospital in Stuttgart. Die im Sterbebuch eingetragene Todesursache „Reaktive Depression, Bronchopneumonie“ [5402] erschließt eine polizeilich aufgenommene Zeugenaussage aus dem Jahr 1960. Die Zeugin hatte im Haushalt von Bella und Joseph Wochenmark ausgeholfen. „Ihre frühere 5-Zimmerwohnung“, so die Zeugin, hätten die Wochenmarks wegen „ihrer rassischen Abstammung und da Herr Dr. Wochenmark Rabbiner war“, räumen müssen. Als die Zeugin sie kennenlernte, wohnten sie „in einem größeren Zimmer in der Olgastraße“. Anschließend seien Wochenmarks „mit anderen Personen jüdischer Abstammung“ in das Gebäude Eberhardstraße 1 eingewiesen worden. Nachdem sie die Mitteilung über ihren bevorstehenden „Abtransport“ erhalten hätten, hätten sie „gemeinsam aus dem Leben scheiden“ wollen. Joseph Wochenmark sei im Bürgerhospital in Stuttgart verstorben. Seine Frau Bella Wochenmark wäre „gesundgepflegt und wieder entlassen“ worden. Bella Wochenmark habe sie, die Zeugin, gebeten, dem Sohn Arnold gegenüber nichts „von dem Selbstmord“ zu erwähnen, sondern, dass sein Vater an einer Krankheit verstorben sei. [5413]

Bella Wochenmark wurde am 16. April 1943 von Stuttgart aus ins Ghetto Theresienstadt im Gebiet der heutigen Stadt Terezín im tschechischen Bezirk Litoměřice und am 16. Oktober 1944 vom Ghetto Theresienstadt aus ins KZ Auschwitz, das überwiegend auf dem Gebiet des heutigen polnischen Landkreises Oświęcim in der Woiwodschaft Kleinpolen lag, deportiert. [5414]

KrATÜ P1-54

Der Landkreis Tübingen und die Gemeinde Kusterdingen haben sich 2022 dazu entschlossen, gemeinsam ein Gedenkbuch zu erarbeiten und vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim aufzustellen.

1774 gestattete der ritterschaftliche Ortsherr Freiherr Friedrich Daniel St. André den Zuzug jüdischer Familien in sein Dorf Wankheim bei Tübingen. Die bürgerliche Gemeinde Wankheim verpachtete der jüdischen Gemeinschaft ab November 1774 einen Begräbnisplatz.

An dieser Stelle informieren wir darüber, welche weiteren Erkenntnisse es zum Gedenkbuch vor dem Jüdischen Friedhof Wankheim gegeben hat und welche Textstellen in der online-Version des Gedenkbuches korrigiert wurden.

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