Khadijah, erste Frau des Propheten Muhammad – eine außergewöhnliche Biographie

Von Oula Mahfouz und Abdul Baset Kannawi
Nicht-Muslime wissen kaum etwas über Khadijah bint Khuwaylid (geboren um 556; gestorben um 619), die erste Frau des Propheten Muhammad und zeitweilig seine Chefin. Muslime und Muslima sind dagegen gut informiert über die zentrale Frauengestalt im Christentum: Maria, die Mutter von Jesus. Jesus gilt im Islam wie Muhammad als Prophet und über sein Leben und das seiner Mutter wird im Koran geschrieben. Maryam (Maria) wird dort sogar dreißigmal erwähnt und es gibt eine eigene Sure, die nach ihr benannt ist.
Die Beschäftigung mit der Biographie von Khadijah kann auch wichtige Gesichtspunkte über die Rolle der Frau im Islam aufzeigen. Was weiß man und aus welchen Quellen über das Leben der Khadijah? Der Koran erwähnt Khadijah nicht namentlich, aber es gibt Verse, die auf Ereignisse in ihrem Leben hinweisen. Die sonstigen Quellen für ihre Biografie sind einerseits die von Weggefährten Muhammads überlieferten „Hadithe“, Aussprüche und Handlungen des Propheten. Außerdem gibt es biografische Literatur und historische Berichte über den Propheten Muhammad und seine Gefährten, die seit der Frühzeit des Islam entstanden sind. Auf diese Quellen bezieht sich die folgende Darstellung.
Khadijah lebte in Mekka. Sie soll eine bemerkenswerte Frau gewesen sein, sowohl in Bezug auf ihre Schönheit als auch auf ihren Einfluss und Wohlstand. Khadijah führte einen Handel und leitete Handelskarawanen ins syrische Gebiet. Bevor sie Muhammad heiratete, war sie bereits zweimal verheiratet und hatte vier Kinder. Nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes kamen den Aufzeichnungen zufolge viele Männer zu ihr, die sie heiraten wollten, aber sie habe alle Angebote abgelehnt. Als sie von der Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit von Muhammad gehört habe, der in jungen Jahren Schafhirte gewesen sein soll, habe sie ihm ihr Geschäft überlassen. Muhammad habe ihr Vertrauen bestätigt, indem er erfolgreich für sie arbeitete und ihr große Gewinne einbrachte.
ls Khadija von Muhammads Charakter und Tugend gehört habe, habe sie sich in ihn verliebt und ihre Freundin geschickt, um ihn zu fragen, ob er sie heiraten wolle. Dies ist ungewöhnlich, denn im Islam wird traditionellerweise erwartet, dass der Mann den Heiratsantrag macht, aber es gibt keine Regel dafür. Der Prophet soll Khadijah fünfzehn Jahre vor der Offenbarung geheiratet haben. Er soll damals fünfundzwanzig Jahre alt gewesen sein und sie vierzig. Zu dieser Zeit und in diesem Kulturraum waren derartige Altersunterschiede in Ehen ungewöhnlich und unkonventionell. Khadija soll fünfundzwanzig Jahre mit Muhammad gelebt haben und brachte drei Töchter und zwei Söhne zur Welt, von denen die Söhne in jungen Jahren verstarben.
Als der Prophet Muhammad nach der Offenbarung des Engels Gabriel in großer Angst gewesen sei, habe er sich an Khadijah gewandt, die ihn beruhigte und gesagt haben soll: „Allah wird dich niemals entehren, wenn du gut zu deinen Kindern und Verwandten bist, die Wahrheit sprichst, den Armen und Bedürftigen hilfst, deinem Gast großzügig dienst und den von Unglück Bedrängten hilfst.“ Khadija habe ihn dann zu ihrem Cousin Waraqa bin Naufal begleitet. Dieser sei ein Experte in den Religionen des Judentums und Christentums gewesen und habe Muhammad bestätigt, dass er der auserwählte Prophet Gottes sei. Khadijah soll die erste Person gewesen sein, die den Islam als Religion annahm.
Khadija soll eine entscheidende Rolle bei der Ermutigung des Propheten zu Beginn seiner Mission gespielt haben. Sie habe an seiner Seite gestanden, ihm Ratschläge gegeben und ihm moralische und materielle Unterstützung angeboten. Sie gilt als Symbol des Glaubens und der weiblichen Stärke in der turbulenten Gesellschaft von Mekka. Der Prophet Muhammad soll sie geehrt und ihre Weisheit geschätzt und ihren aktiven Beitrag zur Verbreitung des Islam gewürdigt haben.
Im sechsten Jahr der Prophetenmission beschlossen der Überlieferung zufolge die altarabischen Polytheisten von Mekka, die mehrere Gottheiten verehrten, den Propheten und seine Angehörigen zu belagern, um ihn von seiner Verkündung des Islam abzubringen. Drei Jahre lang habe diese Belagerung gedauert. Khadija soll diese ganzen drei Jahre bei ihrem Ehemann und seiner Gemeinschaft verbracht haben. Die Klagen ihrer hungrigen Kinder wären allgegenwärtig gewesen, und sie hätte ihnen nichts zu geben gehabt. Khadija sei erkrankt und drei Jahre vor der Auswanderung des Propheten von Mekka nach Medina im Jahr 619 n. Chr. gestorben sein. Dieses Jahr wurde das „Jahr des Leids“ genannt. Ihr gesamtes Vermögen sei in die Unterstützung des Islam geflossen: Als sie verstarb, habe sie nichts hinterlassen.
Bei aller Trauer über seinen Verlust soll der Prophet Muhammad die Erinnerung an Khadija bewahrt und immer wieder seine Verehrung für sie betont haben. Er soll ihre Tugend, ihre Überlegenheit und seine Liebe zu ihr erwähnt haben. Der Prophet habe auch ihre hohe Bedeutung für den Islam genannt, als er sagte: „Die besten Frauen im Paradies sind Khadija bint Khuwaylid, Fatima bint Muhammad (seine Tochter), Asiya bint Muzahim (die Frau eines Pharaos und Zieh-Mutter von Moses), und Maryam bint Imran (Mutter des Propheten Jesus).“
Khadijah wird in der Geschichte des Islam als eine der wichtigsten Frauen angesehen und gilt als ein herausragendes Beispiel für Stärke und Einfluss von Frauen. In vielen Moscheen und religiösen Versammlungen wird Khadija als Vorbild und Inspiration für Gläubige genannt, sowohl für Frauen als auch für Männer. Insbesondere in Predigten über Ehe, Unternehmertum und Glaubenstreue wird oft auf ihr Leben und ihre Tugenden Bezug genommen. Es ist üblich, dass religiöse Führer und Gelehrte die Lebensgeschichten der frühen Gefährten des Propheten Muhammad, einschließlich Khadijas, nutzen, um moralische Lehren und praktische Anleitungen für das tägliche Leben zu vermitteln.
Die Diskussion über die Rolle der Frau im Islam ist von Kontroversen und unterschiedlichen Interessen geprägt und führt daher weltweit zu konträren Ansichten über die Haltung des Islam gegenüber Frauen. Es gibt verschiedene Verständnisse der Rolle der Frau in den islamischen Gemeinschaften mit einem weiten Spektrum: Ein fundamentalistisches Verständnis reduziert die Rolle der Frau auf strenge moralische Normen und begrenzt ihre Freiheiten. Ein konservatives Verständnis betont traditionelle Geschlechterrollen, Frauen sind dabei oft auf die häusliche Sphäre beschränkt. Ein progressives Verständnis betont Gleichberechtigung und ermutigt Frauen zur Teilnahme an Bildung und Berufstätigkeit. Feministische Interpretationen kritisieren patriarchale Auslegungen und streben nach vollständiger Gleichstellung innerhalb der islamischen Tradition.
Die Lebensgeschichte von Khadijah bint Khuwaylid gilt manchen als Beispiel dafür, dass die Religion des Islam Frauen Rechte und Würde gewährt und sich gegen Diskriminierung oder Verletzung ihrer Rechte stellt. Diese Auslegung des Islam betont die Gleichberechtigung der Geschlechter in Bezug auf Würde und Wertigkeit und sieht Mann und Frau als gleichwertig in den Augen Gottes, wobei die Unterschiede in den verschiedenen Fähigkeiten und Verantwortlichkeiten liegen. Nach dieser Auslegung ist dies der Kern der Einstellung des Islam gegenüber Frauen, trotz der weit verbreiteten negativen Erfahrungen im Umgang mit Frauen in islamischen Gesellschaften. Diese negativen Aspekte seien demnach auf Bräuche und Traditionen zurückzuführen, nicht auf den Islam selbst.

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Der Name Khadija in einer arabischen Kalligraphie des Kalligraphen Reza Alekhamis. Foto: tuenews INTERNATIONAL / Reza Alekhamis.

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