Die tausend Namen des Kamels – Arabisch ist mehr als eine Sprache

Weltsprache
Die tausend Namen des Kamels – Arabisch ist mehr als eine Sprache
von Oula Mahfouz

»In keiner Sprache ist vielleicht Geist, Wort und Schrift so uranfänglich zusammengekörpert.« Mit diesen Worten hat der große deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe die arabisch Sprache beschrieben. Er drückt damit aus: In dieser Sprache gehören Geist, Wort und Schrift zusammen und bilden eine Einheit.
Wo wird Arabisch gesprochen? Arabisch ist eine der meistgesprochenen Sprachen weltweit. Sie ist die offizielle Landessprache in 22 Ländern und wird als Muttersprache in weiteren elf Ländern von einem Teil der Bevölkerung gesprochen. Sie gehört zur Familie der semitischen Sprache. Der Name „semitisch“ wurde 1781 von dem deutschen Linguisten August Ludwig von Schlözer erfunden und bezieht sich auf Noahs Sohn Sem.
Das Arabische wird in drei verschiedene Bereiche untergliedert.
1. Das klassische Arabisch (Koransprache): Diese Sprache ist eine komplizierte Kunstsprache. Bei der Übersetzung in eine Fremdsprache kann man sich der genauen Bedeutung und dem Sinn des Wortes nur annähren.
2. Die moderne Hochsprache (Alfusha): Sie ist eine Modernisierung und Vereinfachung der Koransprache, ist aber immer noch eine künstliche Sprachform. Sie beeinflusst Medien, Schulen, Universitäten und offizielle Anlässe.
3. Die Umgangssprache: Jedes arabische Land hat seine eigene Umgangssprache und die Regionen haben eigene Dialekte. Sie wird zu Hause und im Privaten gesprochen.
Arabisch ist eine reiche Sprache, sie umfasst mehr als zwölf Millionen Wörter. Allerdings werden nur zehn Prozent heute noch aktiv genutzt. Zum Vergleich: Im Deutschen gibt es 300 000 bis 500 000 Wörter, im Englischen 500 000 bis 750 000. Das größte Wörterbuch für das Arabische hat 80 000 Wortwurzeln. Für »Honig« gibt es 80 Namen, für den Löwen 500 und für das Kamel 1000 Namen. Das längste Wort im Koran besteht aus elf Buchstaben: فأسقيناكموه Es bedeutet: „Dann haben wir es (das Wasser) euch gegeben zum Trinken und Bewässern.“
Das Arabische hat direkten oder indirekten Einfluss auf anderen Sprachen in der islamischen Welt ausgeübt wie Türkisch, Persisch, Kurdisch, Indonesisch und auch auf afrikanische Sprachen wie Swahili und Amharisch. Außerdem auf europäische Sprachen wie Spanisch, Portugiesisch, Maltesisch und Sizilianisch. Die deutsche Sprache hat über das Lateinische, Spanische, Italienische und Französische vor allem im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit viele Ausdrücke aus dem Arabischen entlehnt. Es gibt viele deutsche Wörter, die aus dem Arabischen stammen: Zucker, Tomate, Massage, Artischocke, Rabatt, Admiral, Safari, Magazin und viele andere. Oder auch im wissenschaftlichen Bereich,wie die Begriffe Physik, Chemie, Ziffer, Elixier, Natron, Algebra und Algorithmen.
Arabisch ist eine sehr konservative Sprache und hat nur selten Fremdwörter übernommen. Aber heute entwickelt sich das Hocharabische durch die Internationalität des Englischen und nimmt wesentlich leichter und schneller fremdsprachliche Begriffe auf. So wissenschaftliche, technische und politische Wörter wie Mechanik, Internet, Demokratie, Film, Philosophie und viele andere.
Unter den Experten gibt es viele Meinungen über den Ursprung des arabischen Alphabets: „Die Geschichte des arabischen Alphabets zeigt zahlreiche Veränderungen während ihrer Entstehung. Es wird angenommen, dass das arabische Alphabet ursprünglich vom nabatäischen entlehnt wurde, einer Variante der aramäischen (oder vielleicht der syrischen) Schrift, welche aus dem phönizischen Alphabet entstanden ist. Aus dem Phönizischen wiederum entstand das hebräische und das griechische Alphabet und daraus das kyrillische und lateinische Alphabet.“ (Wikipedia.) Das arabische Alphabet besteht aus 28 Buchstaben, die von rechts nach links geschrieben werden. Elf Buchstaben davon existieren in der deutschen Sprache nicht. Jeder Buchstabe hat zwei bis vier Formen. Man kann aus einem Buchstaben einen vollständigen Satz bilden: فِ Das entspricht: F und heißt: Halte dein Versprechen! Oderرَ Das entspricht: R und heißt: Schau mal!
Neben dem Arabischen wird dieses Alphabet auch in Persisch, in Kurdisch, in Malaysisch und in Urdu verwendet. Ab dem Jahr 1928 ersetzte die Türkei das arabische Alphabet durch das lateinische. Es gibt 14 klassische Schriftarten-Grundstile und viele Nebenvarianten, aber sechs davon sind die Hauptstile: Alkofi, Naschi, Diwani, Ruqa, Althuluth, Persisch.
Und noch eine persönliche Anmerkung: Im Arabischen – meiner Muttersprache – kann man so manches besser ausdrücken, was in anderen Sprachen schwierig ist, da das Arabische sehr viele schöne Sprachbilder sowie reiche Redekunst und einen großen Wortschatz hat.

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