Sterbehilfe: Im Islam streng verboten

Von Oula Mahfouz
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Niemand darf einem anderen ein tödliches Mittel verabreichen, weil dieser sein Leben beenden will. Der Islam untersagt die Sterbehilfe fast in allen Fällen. An der Tübinger Uni-Klinik kann man sich bei diesen Fragen auch von einem muslimischen Seelsorgeteam beraten lassen.
In Deutschland gibt es allerdings Fälle von Sterbehilfe, die das Gesetz zulässt: die passive Sterbehilfe, also den Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen wie künstliche Ernährung oder Beatmung. Auch eine indirekte Sterbehilfe ist zulässig, also Maßnahmen zur Schmerzlinderung, die zur Folge haben können, dass der Patient früher verstirbt. In einer Grauzone befindet sich das Thema assistierter Suizid: Dabei beschafft ein Helfer einem Sterbewilligen ein tödliches Medikament. Er darf es ihm bereitstellen, aber er oder sie dürfen es nicht verabreichen. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Verbot Selbsttötung „geschäftsmäßig zu fördern” aufgehoben und eine gesetzliche Neuregelung verlangt. Doch das ist im vergangenen Jahr im Bundestag gescheitert.
Im Islam leiten sich die Regelungen für die Sterbehilfe aus dessen Verständnis vom Tod ab. Der Tod im Islam wird als Übergangsphase zum Jenseits angesehen. Es gibt viele Verse im Koran und Überlieferungen des Propheten Mohammed, die vom Tod und dem Leben nach dem Tod sprechen. Im islamischen Verständnis gilt das diesseitige Leben als vorübergehende Prüfung, während der Tod als Übergang zur Jenseitsleben betrachtet wird, das stabiler und wichtiger ist. Der Tod wird auch als göttliche Bestimmung und Schicksal betrachtet, als Teil von Allahs Schöpfung für die Menschen. Nach dem Tod wird der Mensch gemäß seinen Taten und seinem Glauben für sein Leben auf der Erde zur Rechenschaft gezogen und wird entweder mit dem Paradies oder der Hölle belohnt oder bestraft. Muslime werden ermutigt, die Herausforderungen des Lebens zu ertragen und sich auf den Tod durch Gottesfurcht und Gehorsam gegenüber Allah vorzubereiten.
Daher ist Sterbehilfe im Islam verboten. Muslime sind sich einig, dass es niemandem erlaubt ist, sich selbst oder andere ohne legitimen Grund zu töten, und der Beweis dafür ist das, was im Koran steht: „Und tötet euch nicht selbst (gegenseitig). Allah ist gewiss barmherzig gegen euch.“ (Koran, Sure 4:29). In ihrem Konzept wird Sterbehilfe als Eingriff in den Willen Gottes gesehen, das Leben zu beenden, das er seinen Geschöpfen gewährt hat. Und nur Gott bestimmt den Zeitpunkt, zu dem ein Mensch stirbt – und auch wie und wo. Kein Mensch hat das Recht dazu.
Akzeptiert wird von einigen Muslimen aber die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen bei einer hirntoten Person, wenn ein spezialisiertes medizinisches Gremium den Hirntod bestätigt hat und damit keine Hoffnung auf eine Rückkehr ins Leben besteht. Eine weitere Ausnahme ist der Schwangerschaftsabbruch, wenn sonst das Leben der Mutter gefährdet wäre. Wenn eine gemeinsame Rettung von Mutter und Fötus nicht möglich ist, muss der Arzt dem Leben der Mutter Vorrang einräumen.
Der muslimische Seelsorger Hazem Elgafari sagte in einem Interview mit tuenews INTERNATIONAL auch: „Niemand kann den Patienten zwingen, sein Leben zu beenden, weil es für ihn keine Hoffnung auf Heilung gibt, egal ob Muslim oder Nicht-Muslim. Das Entfernen von Geräten oder das Absetzen bestimmter Medikamente erfolgt nach einem Gespräch mit der Familie des Patienten und nach ihrer Zustimmung, da das medizinische Personal andernfalls gemäß den Vorschriften rechtlich haftbar gemacht werden kann. Es werden mehrere Gespräche mit der Familie des Patienten in Anwesenheit eines Teams aus Sozialarbeitern, Psychologen, der Klinikseelsorge und der Ethikkommission des Krankenhauses geführt“.
In der Tübinger Uniklinik kann man sich vom muslimischen Seelsorgeteam beraten lassen, das unter der Leitung des muslimischen Seelsorgers Hazem Elgafari steht. Die ehrenamtliche muslimische Krankenhausseelsorge ist telefonisch und per Mail zu erreichen:
07071/29-87679
Hazem.Elgafari@med.uni-tuebingen.de
Für weitere Informationen:
https://www.ndr.de/kultur/Sterbehilfe-Was-ist-in-Deutschland-erlaubt-was-strafbar,sterbehilfe386.html

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www.tuenews.de

Die Tübinger Kinderklinik. Foto: tuenews INTERNATIONAL / Mostafa Elyasian.

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