Bundesverfassungsgericht: Gekürzte Sozialleistungen in Sammelunterkünften sind verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat die um 10 Prozent niedrigere „Sonderbedarfsstufe“ bei den Sozialleistungen für alleinstehende erwachsene Asylbewerber in Sammelunterkünften beanstandet. Diese 2019 vom Deutschen Bundestag beschlossene neue Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz verstoße gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Artikel 1 und Artikel 20 des Grundgesetzes), teilt das Bundesverfassungsgericht (BVG) in einer Pressemitteilung vom 24. November 2022 mit.
Die Entscheidung betrifft alleinstehende Erwachsene, die in sogenannten Sammelunterkünften wohnen und sich seit mindestens 18 Monaten rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Ihnen hat der Bundestag ab dem 1. September 2019 einen um 10 Prozent geringeren Bedarf an existenzsichernden Leistungen zugeschrieben, indem nicht mehr die Regelbedarfsstufe 1, sondern die neu geschaffene „Sonderbedarfsstufe“ der Regelbedarfsstufe 2 zugrunde gelegt wird. „Dies ist mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unvereinbar“, so das BVerfG.
Es sei nicht erkennbar, dass in den Sammelunterkünften tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt werden können, die eine Absenkung der Leistungen um 10 Prozent rechtfertigen würden. Derartige Einsparungsmöglichkeiten seien nicht durch empirische Erkenntnisse belegt. Entsprechende Untersuchungen lägen auch drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelung nicht vor.
Das bedeutet, dass Leistungsbescheide seit dem 1. September 2019, die noch nicht rechtskräftig sind, nach der Regelbedarfsstufe 1 neu berechnet werden müssen. Die bereits bestandskräftigen Leistungsbescheide bleiben bestehen, soweit Leistungszeiträume vor Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG betroffen sind.
Zur Pressemitteilung des BVerfG: Bundesverfassungsgericht – Presse – Niedrigere „Sonderbedarfsstufe“ für alleinstehende erwachsene Asylbewerber in Sammelunterkünften verstößt gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums

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Landratsamt Tübingen Unterkünfte. Foto: tünews INTERNATIONAL / Mostafa Elyasian.

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