Kamila Alali: die Brückenbauerin

Von Ute Kaiser
„Vielen Dank, dass Sie anderen Menschen helfen, sich in Mössingen zurechtzufinden.“ Das sagte Mössingens Oberbürgermeister (OB) Michael Bulander zu Kamila Alali. Die Stadt verlieh der 38-jährigen Mössingerin für ihr vielfältiges Engagement die städtische Ehrennadel.
Der Krieg in Syrien veränderte das Leben von Kamila Alali, geboren in Deir al-Zour, und ihrer Familie grundlegend. Sie floh mit ihrem Mann, dem heute 13-jährigen Sohn und der heute 11-jährigenTochter. Im September 2015 kamen die Vier in Deutschland an. Zunächst lebte die Familie in Ofterdingen. Danach zog sie in den Mössinger Stadtteil Bästenhardt.
Alali hat in Syrien Arabisch studiert und Jugendliche am Gymnasium unterrichtet. Für die Lehrerin war klar, dass Sprache der Schlüssel zum Ankommen in der Gesellschaft ist. Deshalb hat sie schnell Deutsch gelernt. Ihre Sprachkenntnisse nutzten anderen Geflüchteten. Alali begleitete arabische Familien und übersetzte bei Gesprächen mit Ärzten, im Landratsamt oder im Jobcenter.
Der Umgang mit Kindern und das Unterrichten liegen ihr. Schon 2018 gründeten eine Freundin und Alali ein muttersprachliches Angebot für arabische Kinder. Sie sollen die Sprache ihres Herkunftslands beherrschen, dessen Traditionen kennen und mit Angehörigen dort sprechen können. Das Projekt ist inzwischen Teil der „Muttersprachlichen Schule Mössingen“. Die Lehrkräfte bekommen ein Honorar von der Stadt.
Während der Corona-Krise unterstützte Alali Familien, die, so OB Bulander, „von den Schulen nicht erreicht werden konnten“. Sie gab Kindern Nachhilfe und erklärte ihnen die von der Schule gestellten Aufgaben.
Schon früh hat sich Alali als interkulturelle Elternmentorin weitergebildet und zum Beispiel bei Elterngesprächen in der Schule oder bei Arztterminen übersetzt. Aus diesem Ehrenamt ist inzwischen ein Beruf geworden. Alali arbeitet bei der Mössinger Stadtverwaltung in der Schulbetreuung und als Co-Koordinatorin des Projekts „Interkulturelle Elternmentoren“. Sie vermittelt zum Beispiel Dolmetscherinnen für Elterngespräche in Kitas und Schulen. OB Bulander würdigte Alali als „Brückenbauerin zwischen Familien und Schulen“.
Kommunikation und Bildung liegen ihr seit jeher am Herzen. Deshalb engagiert sich Alali auch beim Ganztagsangebot der Gottlieb-Rühle-Grundschule. Dort betreut sie Kinder nicht nur bei den Hausaufgaben, bastelt und spielt mit ihnen. Themen sind auch Kunst oder orientalische Traditionen.
Seit 2020 organisiert Alali das internationale Frauenfrühstück. Dort können sich Frauen aus verschiedenen Ländern begegnen und miteinander sprechen. Dieser Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen ist der 38-Jährigen wichtig. So gehörte Alali schon im Juni 2017 zu dem tünews-Team, das im Steinlachtal Gespräche für Geflüchtete anbot. Bei den „tünews vor Ort“-Terminen ging es beispielsweise um Themen wie Kindererziehung oder die Wohnungssuche.
OB Bulander hat Kamila Alali und die zweite mit der Ehrennadel ausgezeichnete Geflüchtete Widad El Quassem als Menschen bezeichnet, „die bei uns eine neue Heimat gefunden haben und längst Mitglieder der Mössinger Stadtgesellschaft geworden sind“. Auch zu ihrer neuen Heimat baut Alali Brücken. Sie hat die Einbürgerung beantragt. Jetzt muss die nur noch genehmigt werden.

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Kamila Alali erhält Mössinger Ehrennadel. Foto: tünews INTERNATIONAL / Michael Seifert.
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