Jury wählte „Remigration“ zum Unwort 2023

Von Ute Kaiser
„Remigration“ heißt auf Deutsch Zurückwanderung. In der Migrationsforschung wird es wird es vor allem für die freiwillige Rückkehr verwendet. Doch inzwischen gebrauchen es rechte Parteien (wie die AfD) sowie rechte und rechtsextreme Bewegungen (wie die Identitäre Bewegung), um ihre wirklichen Absichten zu verschleiern: die Zwangsausweisung oder sogar Massendeportation von Menschen „mit vermeintlich falscher Hautfarbe oder Herkunft, selbst dann, wenn sie deutsche Staatsbürger sind“. So beschrieb ein Jury-Mitglied der Aktion „Unwort des Jahres“, warum sie den rechten Kampfbegriff „Remigration“ zum Unwort 2023 wählte.
Als Unwort werden im Deutschen Begriffe oder Formulierungen bezeichnet, die diskriminierend und irreführend sind oder gegen die Menschenwürde verstoßen. Die Jury kritisierte, dass der Begriff „Remigration“ „bewusst ideologisch vereinnahmt und so umgedeutet“ werde, dass eine „menschenunwürdige Abschiebe- und Deportationspraxis verschleiert wird“.
„Remigrations“-Pläne sind unter anderem ein Verstoß gegen das Staatsbürgerrecht und den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz. Der Begriff und die in rechten sowie rechtsextremen Kreisen damit verbundenen Absichten sorgen für Ängste bei Menschen mit Migrationsgeschichte und für heftige Diskussionen und Proteste. Immer lauter werden Forderungen nach einem Verbot der AfD. In vielen deutschen Städten, so auch in Tübingen, demonstrieren Menschen gegen Rechtsextremismus und faschistisches Gedankengut wie die zwangsweise „Remigration“. Die Idee hat eine Geschichte. Nazis planten 1940 ursprünglich, Millionen Juden nach Madagaskar zu deportieren. Dann aber ermordeten sie Millionen Juden im Holocaust.
Das Thema „Remigration“ spielte auch bei einem Geheimtreffen von Mitgliedern der AfD mit anderen Rechten, Rechtsextremen und Rassisten am 25. November in der Nähe von Potsdam eine große Rolle. Das enthüllte das Medium „Correctiv“ (siehe Link). Die JournalistInnen wollen mit ihren Recherchen die Demokratie stärken.
Zufall oder nicht: Das Hotel, in dem die Rechten über ihre „Remigrations“-Ideen sprachen, ist nur knapp acht Kilometer entfernt vom Haus der Wannsee-Konferenz. Dort koordinierten die Nazis die systematische Vernichtung der Juden.
Info: Die unabhängige Jury der Aktion „Unwort des Jahres“ in Marburg besteht aus SprachwissenschaftlerInnen, einer Journalistin und einem jährlich wechselnden Mitglied, diesmal einem ehemaligen CDU-Abgeordneten des Bundestags. Die Jury bekam 2301 Vorschläge für das Unwort des Jahres 2023. Die Aktion gibt es seit 1991. Ihr Ziel ist zu sensibilisieren, damit diskriminierende, irreführende oder gegen die Menschenwürde verstoßender Wörter und Formulierungen erkannt werden.
Siehe: https://www.unwortdesjahres.net/wp-content/uploads/2024/01/Pressemitteilung_Unwort_2023_finale_Version_Marburg.pdf
und https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/

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Das Unwort 2023 ist „Remigration“. Foto: tuenews INTERNATIONAL / Linda Kreuzer.
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