Das Erdbeben in Nordsyrien und der Türkei und tünews INTERNATIONAL

Von Wolfgang Sannwald
Das Erdbeben in Nordsyrien und der Türkei hat Verwandte von Mitarbeitenden bei tünews INTERNATIONAL schwer getroffen: In der Familie einer Verwandten sind viele gestorben, von den Mitgliedern einer befreundeten Familie lebt nur noch ein kleines Kind. Wir erleben bei tünews INTERNATIONAL zunehmend, wie Medienberichte über scheinbar ferne Gegenden uns näherkommen. Das zeigt sich in unseren Redaktionssitzungen, bei denen Menschen beisammen sind, die aus Syrien, dem Irak, dem Iran, Nigeria, Afghanistan oder der Ukraine stammen. Wir treffen uns teilweise seit sieben Jahren wöchentlich für zwei Stunden. Bei vielen sind die Verbindungen in die frühere Heimat lebendig und wenn jemand von dortigen Leiden erzählt, wühlt das alle in unserer Tübinger Redaktion auf. Es geht dann nicht mehr um abstrakte Opferzahlen, sondern um Verwandte, Freunde und Bekannte unserer Kollegen. Ihre Erzählungen holen Tod, Verletzungen, Verluste auch in unser Leben. Migration und Integration lassen so Empathie mit Menschen in fernen Gegenden wachsen.
In der Redaktionssitzung diese Woche ging es vor allem um die Erdbebenkatastrophe in Nordsyrien und der Türkei. Redaktionsmitglieder berichteten von ihren Telefonaten und Internetkontakten zu Menschen, die dort leben. In das jetzige Erdbebengebiet an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei sind in früheren Jahren viele Menschen aus Syrien geflüchtet. Sie leben zusammengedrängt in Städten und Flüchtlingslagern. Das Wissen um Verwandte, aber auch um das Schicksal und die Not der dort Lebenden berührt zutiefst: „Mir geht es nicht gut. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie die Menschen sich dort jetzt fühlen. Ich glaube, dass es in Syrien viel, viel schlimmer ist als berichtet. Und es gibt viel weniger Hilfsgüter und Hilfe.“ Oder: „Es ist sehr traurig, dass es den Norden getroffen hat. Der ist außerhalb des Regimes, Hilfe wird schwierig.“
Migration und Integration schärfen aber auch den Blick für das, was im Erdbebengebiet geschieht. Über soziale Medien gelangen Videos und Fotos von zerstörten Häusern und Straßen, verletzten Menschen und Erlebnisberichte Überlebender in unsere Redaktion: „Es gibt viele Videos mit schlimmen Bildern, mit Kindern und Menschen, die verschüttet sind.“ Wir erfahren von Katastrophengebieten, die im Schatten der Medienberichte und im Schatten von Hilfsanstrengungen des syrischen Staates liegen. Dort blieben viele Menschen noch auf der Straße oder im Auto, weil sie Angst vor weiteren Erdbeben haben. In den ersten Stunden nach dem Erdbeben waren die meisten Menschen auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Wir hören von der Suche nach Verschütteten mit bloßen Händen. Und wir hören vor allem die Frage, was die nächsten Tage bringen werden. Im Erdbebengebiet ist gerade Winter, es ist sehr kalt. Kommen Lebensmittel, Zelte, Decken an? Welche Straßen und Grenzübergänge sind überhaupt geöffnet? Wir hören von der Angst, dass humanitäre Hilfe aus politischem Kalkül zurückgehalten werden könnte. Und von Forderungen an die Türkei, schnell Grenzen für Hilfslieferungen in den Norden Syriens zu öffnen.
Eine Frage, die immer wieder aufkommt: Wie können wir den Menschen im Erdbebengebiet persönlich helfen? Redaktionsmitglieder leisten selbst Hilfe, überweisen Geld vor allem über direkte private Kanäle. Allgemein empfehlen kann man derzeit nur Spenden an anerkannte Hilfsorganisationen.

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www.tuenews.de

Erdbebengebiet in Nordsyrien. Foto: tünews INTERNATIONAL / Abdullah Kanjo.
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