Inder, Chinesen, Perser oder Araber: Wer hat Schach erfunden?

Von Oula Mahfouz
Unser Interesse an der Herkunft des Spiels begann mit einem Gespräch bei einer Partie Schach in der Familie. „Schachmatt, Omar. Weißt du, dass der Ursprung des Schachspiels arabisch ist, denn ‚schachmatt‘ ist Arabisch und bedeutet: ‚der König ist gestorben‘.“ „Nein, Mama, Schach kommt aus Indien“, antwortete der Neunjährige. Sein zwölfjähriger Bruder Mohammad mischte sich in die Diskussion ein und sagte: „Nein, ihr irrt euch beide, das Spiel kommt aus Persien.“ Die beiden Jungen schienen sich ihrer Meinung sehr sicher.
Als ich nach dem Ursprung des Spiels suchte, entdeckte ich, dass es ganz unterschiedliche Erklärungen und viele Legenden über den Ursprung des Spiels gibt. Wahrscheinlich kann man die Frage gar nicht wirklich beantworten, denn das Schachspiel enthält Elemente aus verschieden Kulturen, Zeiten und Sprachen. Von den Geschichten, die über die Entstehung des Schachs erzählt werden, habe ich die bekanntesten ausgewählt, aber sie sind natürlich sehr unterschiedlich.
Sehr verbreitet ist die Überlieferung, dass das Spiel im 6. Jahrhundert n. Chr. in Indien entstand und als Chaturanga bekannt war. Sie erzählt, dass ein weiser Mann dem tyrannischen indischen König die Bedeutung der Menschen in seinem Königreich erklären wollte. So erfand er das Spiel, das aus dem König, der Dame (im Arabischen und in anderen Sprachen: Minister), aus Springern (Pferden), Läufern (Elefanten) und Bauern (Soldaten) besteht. Während des Spiels konnte er dem König die Aufgaben seiner Untertanen erklären und ihm deutlich machen, dass sie das Königreich schützten.
Nach einer zweiten Version entstand das Spiel seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. in China. Dazu gibt es eine Theorie, dass das Schachspiel vom chinesischen Spiel Xiangqi oder von einem seiner Vorgänger abstammt, zu denen das indische Chaturanga, das japanische Shogi, und das koreanische Janggi gehören.
Die dritte Überlieferung besagt, dass Schach in Persien, dem heutigen Iran, entstand: Während der Herrschaft der Sassaniden soll es von einem Diener eines Schahs – eines Königs – um das Jahr 600 n. Chr. erfunden worden sein.
Die Araber lernten das Spiel kennen, als sie Persien eroberten. Das Spiel war in der islamischen Welt sehr beliebt, es wurde zum Lieblingsspiel der Kalifen und einige Büchern wurde darüber verfasst. Die Muslime brachten das Spiel über Spanien schließlich nach Europa.
Aber was bedeuten die verschiedenen Namen für das Spiel?
Chaturanga: Das indische Wort bedeutet „vier Elemente“ oder „vier Teile“. Mit diesem Begriff wurde die indische Armee bezeichnet, die aus den Kampfwagen, den Reitern, den Elefanten und den Fußsoldaten bestand.
Chatrang: Das persische Wort ist entweder vom indischen Wort Chaturanga übernommen worden oder es stammt vom persischen Wort für Alraune, einer Pflanze mit einer Wurzel, die einer menschlichen Figur ähnelt.
Schatrandsch: Als die Araber im 7. Jahrhundert das persische Reich eroberten, lernten sie auch das Schachspiel kennen. Sie änderten jedoch den Namen des Spiels, da einige Laute in ihrer Sprache nicht existierten.
Schach: Der deutsche Name leitet sich vom persischen Wort Schah (König) ab und hat trotz seiner phonetischen Ähnlichkeit nichts mit Chaturanga oder Shatrang zu tun.
Die Kinder hatten also recht: Die Araber haben Schach nicht erfunden, aber sie haben das Spiel nach Europa gebracht.

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Schachfiguren. Foto: tünews INTERNATIONAL / Oula Mahfouz.

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