Kitas sind noch nicht der erwünschte Integrationsmotor

Genau 10 Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für Kinder nach dem ersten Lebensjahr legt der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) eine Analyse vor, wie es mit der Umsetzung dieses Gesetzes für Kinder mit Zuwanderungshintergrund aussieht. Demnach sind Einwandererfamilien bei Kitas nach wie vor benachteiligt: Die Hürden, einen Kitaplatz zu finden, sind für sie höher, ihre Kinder besuchen seltener eine Kita als Kinder ohne Zuwanderungsgeschichte. Nach Zahlen von 2020 konnten bundesweit 40 Prozent der Kinder unter drei Jahre ohne Zuwanderungsgeschichte eine Kita besuchen, bei den Gleichaltrigen aus zugewanderten Familien waren es nur 20 Prozent. Auch bei den Kindern über drei Jahren gibt es einen deutlichen Unterschied: Während fast jedes Kind ohne Migrationshintergrund eine Kita besucht, sind es nur vier von fünf Kindern mit Zuwanderungsgeschichte. Mohini Lokhande, eine der Wissenschaftlerinnen des SVR, fasst die Ergebnisse zusammen: „Ein Vergleich von Bedarfs- und tatsächlichen Betreuungsquoten zeigt, dass Familien mit Zuwanderungsgeschichte zwar ein Interesse an Kinderbetreuungsangeboten haben, dass die Hürden für sie aber höher sind als für andere Familien. So werden Familien mit Zuwanderungsgeschichte von Einrichtungen bei der Platzvergabe teilweise benachteiligt – eine langjährige Vermutung, die durch eine kürzlich veröffentlichte Studie bestätigt wurde. Hinzu kommt: Sozial benachteiligte Eltern, zu denen in Deutschland weiterhin überproportional viele Familien mit Migrationshintergrund gehören, stehen vor dem Problem, dass sie die Kosten für einen Kitaplatz oft nicht aufbringen können und die Formalitäten zur Beantragung kompliziert erscheinen.“
Dabei könnten Familien mit Zuwanderungsgeschichte entscheidend von der Förderung durch frühkindliche Bildung profitieren. Allgemein werden Kitas als Integrationsmotor begriffen, denn Untersuchungen zeigen, dass Kinder nach einem längeren Kitabesuch mehr sprachliche Kompetenzen entwickelt haben und in der Schuleingangsuntersuchung allgemein eher als schulreif eingestuft werden, als wenn sie keine oder nur kurz eine Kita besucht haben.
Um eine Veränderung der bestehenden Situation herbeizuführen, fordern die Autorinnen des SVR, dass die erkannten Hindernisse abgebaut werden müssten und eine gezielte Sprachförderung in den Kitas stattfinden solle. Mehrsprachigkeit bei Kindern müsse als Stärke begriffen werden. Schließlich könnte dem bekannten Fachkräftemangel im Kita-Bereich dadurch begegnet werden, dass einschlägige Erfahrungen und Qualifikationen von Neuzugewanderten anerkannt und die Betreffenden dann auch eingestellt würden. Das gelte gerade auch für geflüchtete Fachkräfte.
Zur vollständigen Pressemitteilung des Sachverständigenrats: SVR-Presseinformation_10-Jahre-Kitaplatzanspruch.pdf (svr-migration.de)
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration ist ein unabhängiges und interdisziplinär besetztes Gremium der wissenschaftlichen Politikberatung.

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Kindergarten in Tübingen. Foto: tünews INTERNATIONAL / Mostafa Elyasian.
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